Hallo Hölle

Etwas mehr Spam von Ril zur allgemeinen Belustigung, noch ohne Bedarf auf Eile. Ich nehme an, dass der Text für die Lohmarer Lesenacht selbst in drei Teile zerlegt viel zu lang ist.
Ursprünglich habe ich ihn innerhalb eines Tages zu diesem Wettbewerb geschrieben:
http://www.parc-ela.ch/parc-ela/krimiwettbewerb/die-toten-von-falein.htmlUnd dabei in meiner Schusselei verpennt, dass der Text eine Längenvorgabe von 10k Zeichen, nicht Worten hat.
Vergammeln lassen will ich ihn aber auch nicht, also ist hier eine überarbeitete Version.
Historische Anmerkungen nehme ich gerne, wenn jemand was über die Zeit 750-850 in der Region Graubünden weiß.

Und da ich vom katholischen Glauben ziemlich wenig verstehe, könnt ihr auch gerne den Klosterbruder zerlegen. (Bobium, woher er kommt, war ein sehr bekanntes Kloster seiner Zeit, er ist wenigstens durchschnittlich gebildet für einen Mönch.)
Viel Spaß!
WüetisheerEin Fichtenzweig schlug Frater Benno ins Gesicht, und noch einmal, bevor er sich mit der freien Hand schützen konnte. Mit dem nächsten Windstoß fegte ihm der Ast die Kapuze seiner Kutte vom Haupt, kleine eisige Klumpen in den Kragen und den Aufschrei von den Lippen.
Zwischen den Fingern hindurch blinzelte er in die Nacht und sah die schwarzen Silhouetten der Bäume gegen den Schnee. Gott im Himmel, seine Augen waren noch heil. Und niemand hatte ihn gehört. Wie auch? Lieber hätte er sich mit seinem Gejammer lächerlich gemacht, als hier einsam und weitab vom Weg durch den Wald an einem Berghang zu stolpern. Der Wald, der Berg und der Wind trieben Schabernack mit ihm und würden ihn umbringen, wenn es ihnen gerade gefiel. Und da sollte er nicht an finstere heidnischen Mächte glauben?
Unterholz, das den Wind abgehalten hätte, gab es keines am Rand der Alm, die Bäume standen einzeln, nicht in Gruppen wie im flachen Land. Der Sturm zerrte an Bennos Mantel und fuhr ihm eiskalt unter die Kutte. Er flüchtete zurück unter die Bäume, geduckt, damit ihm nicht wieder die Fichtennadeln über die Tonsur fetzten. Sein Stecken blieb im Geäst hängen, Zweige schnappten zurück, und mit dem nächsten Schritt drosch er sich selbst das Holz ins Gesicht.
Unter Flüchen, die sich so gar nicht für einen Gottesmann ziemten, kauerte er sich gegen den Stamm, tastete über seine Nase, die rechte Braue und das Jochbein, mit der Zunge über die Zähne, jaulte auf, fluchte noch einmal. Ein Zahn war lose, vielleicht auch mehr, die Lippen blutig. Gut, dass der Abt, weit weg in Bobbio, ihn nicht hören konnte. Den Herrgott würde er später um Verzeihung bitten. Hoffentlich bei einem warmen Bier und einer Schale Grütze, denn seinen letzten Proviant würde er mit den losen Zähnen nicht kauen. Verdammt, er hatte noch nicht einmal zwei Dutzend Jahre erreicht und dachte schon wie ein Greis! Er spuckte Blut aus, jaulte gleich noch einmal auf, und spuckte einen Zahn hinterher.
Über ihm in den Bäumen knackte es bedenklich. Einen fallenden Stamm auf den Kopf brauchte er nicht auch noch. Lieber kroch er wieder auf die Alm hinaus; etwas zurück erinnerte er sich an einen kniehohen Abhang, unter dem er sich vor dem Wind schützen konnte. Der Schnee lag nur dünn auf dem toten Gras vom letzten Jahr.
In Bobbio hatte längst der Frühling das Land fürs Osterfest in frisches Grün gekleidet. Dort hätte er nicht den Schnee weggescharrt, um sich nicht auch noch die Kutte zu durchweichen, sich auf blanker Erde in seinen Mantel gehüllt, einen glatten Stein als Kopfkissen, und ein stilles Gebet gemurmelt, dass der Herrgott ihn schützen möge. Wenn nun in dieser Nacht das Wilde Heer um die Berge zog, war es um ihn geschehen. Er hätte nicht fluchen sollen. Mit klammen Fingern tastete er nach dem Rosenkranz.
Zuerst hielt ihn die Angst wach, dann die wackelnden Zähne, dann der flache Stein, auf dem sein Kopf lag, dann die Kälte, weil er die Kapuze unter sich faltete, dann ein Zweig, der sich selbst durch die Schichten von Wolle in seine Schulter bohrte, und das Heulen in den Bäumen. Es wurde nicht stärker, redete er sich ein. Da waren keine Stimmen. Das war nicht das Wilde Heer, keine beritteten Krieger, heulende Jagdhunde und irrsinnige tote Diebe und auch keine Hollerfrau, die wie ein schönes junges Weib aussah und Klauen nach ihm ausstreckte ...
Der Herr würde seinen Diener schützen, auch, wenn der bisweilen fluchte wie ein Seemann. Schließlich war er ja ins Kloster eingetreten, um die armen Bauern und Schafhirten von solch irrigem Aberglauben abzubringen. Verdammt, wenn nur der höllische Reiter mit seiner Meute nicht versuchte, das zu verhindern!
Am Morgen weckte der Wind ihn mit beißenden Eiskristallen im Gesicht. Seine Finger waren steifgefroren. Zuerst spürte er sie gar nicht, dann zu sehr, als er sich aufrichtete und eine Hand auf den Boden stützte. Eiskristalle glitzerten im Licht der frühen Sonne auf seiner Kleidung. Immerhin lebte er noch.
Die Alm lag unter einer dünnen, aber dichten weißen Decke, und ebenso die Bäume. Der Wind hatte mehr Schnee gebracht als weggefegt. Eingedenk seiner Zähne, die er nicht schon wieder spüren wollte, fluchte Benno nur in Gedanken und sandte sogleich ein Gebet hinterher.
Heute würde er ins Tal hinab steigen und den Pfad wiederfinden, oder ein Gehöft, wo man ihm den Weg weisen konnte. Und wo er ein Bier bekam. Ein warmes. Vielleicht auch zwei. Ihm knurrte der Magen derart, dass er sein letztes hartes Brot einfach einweichen und irgendwie herunterwürgen würde. Die Holzschale füllte er mit Quellwasser aus dem Ziegenbalg, wollte sie nicht in den Dreck stellen und wischte über den flachen Stein. Das Holz klackte hohl darauf. Im selben Augenblick sah er den Zahn daneben liegen, einen Zahn, den nicht er ausgespuckt hatte, und noch einen, und dass der vermeintliche Zweig, der ihn in die Schulter gebohrt hatte, kein Zweig war. An seiner Schlafstatt, neben dem Stein, der kein Stein war, grinste ihn aus dem Erdreich ein Unterkiefer an.
~
Die beiden Bürschchen, die unten im Tal Feuerholz gesammelt hatten, lachten gewiss immer noch über ihn. Benno hätte ja selbst gelacht, wenn er einen totenbleichen Mönch mit geraffter Kutte aus dem Wald und durch den eiskalten Bach hätte rennen sehen, einen, der nichts als wirres Zeug über Zähne und Kiefer und Tote brabbelte. Trotz ihrer Spötterei hatten sich die Halbstarken seiner erbarmt und ihm den Weg zu einem Hof gewiesen, einer Ansammlung von grasgedeckten Lagerhütten und einem Haus aus Fichtenstämmen, in dem sich Mensch und Tier beinahe denselben Raum teilten. Das Haus war nicht neu, aber aus den Fugen schaute dicht das trockene Moos, das den Wind draußen und die Wärme drinnen hielt. Seit er Bobbio verlassen hatte, war er oft genug Gast auf einem solchen Hof gewesen, wenn auch auf keinem so winzigem wie diesem.
Im Gebälk hingen gewaschene wollene Hemden und Bündel getrockneter Pflanzen, von denen Benno nur Stechpalme erkannte. Über die rohen Bretter hinweg, die Wohnraum und Stall teilten, beobachteten ihn die zwei Kühe ebenso eindringlich wie vom Herd herüber drei Rotznasen, von denen er nicht zu sagen wusste, ob es Jungs oder Mädchen waren.
Eine stille junge Frau wusch ihm das Blut von der zerschlagenen Lippe und reichte ihm warmes Bier und Grütze, die er ungeachtet seiner schmerzenden Zähne in sich hinein schaufelte. Das Bier war dünn und sauer und die Grütze fad. Beides fiel ihm erst auf, als er die Schale halb geleert und den zweiten Becher getrunken hatte, und er dankte Gott wie auch den Bauern nicht weniger dafür. Eine alte Frau zerrte ihm noch beim Essen die feuchten Stiefel von den Füßen und stellte sie neben den Herd.
Durch die krumme Tür fegte ein Windstoß herein, gefolgt von einem Mensch, der wohl ein Bär hätte werden sollen, und der zwischen seinem schwarzen Bart und buschigen Brauen ebenso grimmig dreinsah, wie Benno sich einen Bären vorstellte. Eine der Rotznasen huschte davon in den Stall; die Alte wisperte dem Bären etwas zu. Benno widmete sich wieder seiner Grütze, damit er wenigstens nicht mit leerem Magen hinausgeworfen würde.
Der Bär grollte ihn in einer Sprache an, von der er kaum etwas verstand.
"Bitte, guter Mann, sprich langsamer", versuchte Benno es im Italienischen. Seiner Sprachkenntnisse wegen hatten sie ihn geschickt, weil er nicht nur Latein, sondern auch ein paar italienische Dialekte und ein wenig von dem kantigen Germanischen sprach, das sich immer mehr in den Bergen verbreitete. Nicht, dass es ihn weit gebracht hätte; er verständigte sich mehr mit Gesten und Grimassen als mit Worten, seit er ins Gebirge hinaufgestiegen war. Nun hatte er nicht einmal eine Ahnung, ob er sich im richtigen Tal befand, oder ob er zu weit westlich vom Weg abgekommen war.
Der Bär grollte tatsächlich langsamer, und deutete mit einer Pranke auf Bennos lädiertes Gesicht.
"Wer, wer?" war alles, was er verstand. Die Rotznasen kicherten.
Der Bär knurrte - es war wohl ein Räuspern - und versuchte es noch langsamer. "Woher?"
"Bobium", nuschelte Benno. "Bobbio. Italien. Ein Kloster. Sanctus Columbanus."
"Du, Columbanus?"
Benno lief rot an. Er, ein Heiliger, von wegen. "Benno. Frater Benno."
"Hercli", stellte der Bär sich seinerseits vor, und die stille junge Frau als Livia.
Die Alte fixierte Benno; der Bär fragte erneut und wiederholte langsam: "Wohin?"
"Zum Kloster St. Johann." Er rief sich das Idiom der Gegend ins Gedächtnis. "Claustra Son Jon."
"Aha", brummte der Bär. "Falscher Weg. Ganz falsch. Sturm?"
"Sturm. Als ob die Höllenreiter um die Berge gehetzt sind."
Die Rotznasen kicherten wieder; das kleinere Kind zupfte den Bären an seinem Wams aus Schafsfell und plapperte etwas, das Benno auch ohne Worte verstand. Der Bär grinste.
"Wüetisheer? Nein, nein. Nur ein bisschen Wind. Was redest du da, Mönchlein." Was er hinzufügte, stellte unzweifelhaft die Mannhaftigkeit aller Mönche in Frage. Benno zog es vor, nicht darauf zu antworten.
"Kannst du mir den Weg weisen? Zum Claustrum, eh, Claustra Son Jon?"
"Du, Mönchlein", erwiderte der Bär, und deutete auf die leicht erhöhte Nische voller Felle und Decken, wo die Familie sonst schlief. "Ruh aus. Iss. Morgen zeige ich dir den Weg."
"Nein", wehrte Benno ab. "Nicht schlafen. Essen, ja, und Reden. Rede, Mann, sonst verstehe ich dich morgen immer noch nicht!"
Der Bär von einem Bauern nahm es Benno nicht krumm, dass er auf ihn einplapperte. Er musste einfach reden, und jemandem erklären, dass auf der Alm ein Toter lag. Die arme Seele brauchte ein Begräbnis. Über die wenigen, wenn auch mehr und mehr Worte, die er verstand, fand er während der nächsten Stunde heraus, dass westlich von hier, nur wenige Tage zu Fuß, die Kirche St. Peter Mistail stand, von der er schon gehört hatte. Er wollte keinen langen Umweg in Kauf nehmen und sich noch einmal verirren; jemand musste doch einen Priester für die Bestattung holen. Ob der Bauer überhaupt verstand, was er von ihm wollte, wusste Benno nicht zu sagen.
Noch vor dem Mittag warf ihn die durchwachte Nacht im Sturm doch aufs Felllager, und er schlief, bis ihn jemand unsanft zur Seite schob und auch die Bauersleute unter die Felle krochen. Für den Rest der Nacht lauschte Benno dem Wind, der durch die Türritzen kroch, den Lauten der Tiere und dem Schnarchen der Alten. Der Bär schnarchte nicht.
Im Morgengrauen warf er Benno aus dem Bett.
"So, Mönchlein, was sagst du? Toter am Berg? Dein Gesicht, wer hat dich geschlagen?"
"Der Sturm", murmelte Benno. "Niemand. Es war ein Unfall."
"Unfall?"
Benno tastete mit der Zunge nach den losen Zähnen; sie taten nicht mehr so weh wie gestern. Vielleicht würde er sie nicht auch noch verlieren. Die beiden Halbstarken verstanden offenbar genug. Sie lästerten.
"Das Wilde Heer", platzte er heraus. "Der Höllenreiter hat meinen Stecken gepackt und mir ins Gesicht geschlagen!"
Nun lachte auch der Bär, aber es war kein höhnisches Lachen. "Lass gut sein, Mönchlein. Höllenreiter, pah. Dann wärst du tot."
"Jemand andren hat es erwischt."
Der Bär tat aus der Tür, nur im langen Hemd, und rieb sich das Gesicht mit Schnee ab. "So?"
"Den Toten am Berg."
Die Halbstarken wisperten, die Rotznasen starrten unter den Fellen hervor. Die Alte, die das Feuer für den Morgen anfachte, hielt inne, und sah ihn an, als strafe sie ihn für die schlechte Nachricht.
"Ich kann euch zeigen, wo. Die arme Seele braucht ein christliches Grab. Würdet ihr euch darum kümmern?"
"Du bist der Mönch", stellte der Bär mit einer Stimme fest, die keinen Widerspruch duldete.
Einen Becher Dünnbier und eine Schale Grütze mit Ziegenkäse später stapften sie zu viert bergan, dort, wo gestern ein totenbleicher Mönch aus dem Wald gerannt war, wie die beiden Burschen schamlos hervorhoben.
Obwohl er tags zuvor kopflos auf dem erstbesten Weg den Berg hinab gehetzt war, fand Benno sich anfangs gut zurecht. Wo er über Felsen hinabgerutscht war, fehlten Schnee und Moos, er hatte Zweige abgebrochen und im Vorbeistolpern den Schnee von jungen Fichten geschüttelt. Die Söhne des Bauern hatten auch weiter oben keine Mühe, die Zeichen zu lesen. Mit ihren Stecken suchten sie sicheren Tritt, halfen mit den Hacken nach, die sie am Gürtel trugen, wo der Grund überfroren war, und wählten oft einen längeren, aber einfacheren Weg.
Der Bauer selbst ließ sich nichts anmerken; auch nicht, als sie am Rande der Alm standen. Die frühe Sonne tauchte den Schnee in gleißendes Gold. Wenn Benno ins Tal hinunter blickte, war es gar nicht so weit ... und dennoch hatten sie am steilen Hang und im Wald Stunden benötigt.
Nur ein paar Schritte von hier mussten die Knochen liegen. Benno deutete stumm. Die Burschen rannten voraus.
"Sturm, hier oben? Und du lebst noch?" brummte der Bär. Benno war nicht sicher, ob er Spott oder Anerkennung heraushörte.
Jetzt, mit etwas blauem Himmel zwischen den Wolken und im Sonnenlicht, würde es ihn nicht stören, blanke Knochen zu betrachten oder an den Sturm zurückzudenken. Dennoch schauderte ihn beim Gedanken, dass er an derselben Stelle genächtigt hatte, an der ein Toter lag.
"He! Mönchlein!"
Die Stimme des Bären hallte über die Alm. Benno eilte hinüber, wo die beiden Jungen an der Erdmulde kauerten. Es war kein Grab, wie er nächtens noch befürchtet hatte, sondern nur ein Stück fehlender Grassoden, blanke Erde mit einem Hauch harschem Schnee.
Die beiden Burschen kauerten sich neben den Schädel, doch als sie ihn aus der Erde scharren wollten, schlug ihnen der Bauer auf die Finger.
"Mönchlein, was nun? Gebete?"
"Ich bin kein Priester", wehrte Benno ab. "Und hier ist kein geweihter Boden. Schick deine Jungen zur Kirche. Oder ich schicke jemandem vom Kloster."
Der Bär schnaubte, denn ihm war sicher ebenso klar wie Benno, dass niemand von St. Johann sich wegen der Überreste eines Unbekannten hierher bemühen würde.
Die losen Zähne glänzten in der Sonne. Es waren kleine Zähne, die nicht in die Lücke in Bennos eigenen Gebiss gepasst hätten. Unsinn, die kam ihm sicher nur größer vor, als sie war. Aber auch der Kiefer, bei Tageslicht besehen doch nur ein Stück alter Knochen, wirkte schmal. Er griff sich an den eigenen Kiefer unter dem kurzen Bart und dachte an die Knochen, die er in vielen Beinhäusern gesehen hatte. Sogar sein eigener war breiter und kantiger als dieser.
"Eine Frau."
"Frau?" knurrte der Bär und deutete auf den Schädel.
"Sieht so aus", bestätigte Benno, streckte die Hand nach dem Kiefer aus, zögerte einen Augenblick und deutete die schmale Form an. "Eine Frau."
Hatte er erwartet, dass die Bürschchen wieder irgendeine Bemerkung machen würden? Sie taten es nicht. Einer wich zurück. Der andere murmelte etwas vor sich hin, das Benno trotz der Bauernsprache als Vaterunser erkannte.
"Fürchtest du nun doch das Wilde Heer?" versuchte, er zu scherzen, vergeblich.
Der Bauer stützte sich auf seinen Stecken und starrte auf die Knochen hinab.
"Bete für sie, Mönch."
Das war keine Bitte. Benno kniete im Schnee nieder und faltete die Hände um den Rosenkranz. Danach scharrte er etwas Erde über die Knochen. Der Bär drückte ihm die verdreckte Kumme in die Hand, die er völlig vergessen hatte.
Erst, als sie im immer noch schattigen Tal den Bach erreichten, räusperte sich der Mann.
"Gianin, Pirmin, lauft zu den Nachbarn und holt sie auf den Hof." Und als die Jungen davon rannten, schlug er mit dem Stecken gegen einen Baumstamm, und noch einmal, und trat hinherher, bevor er tief durchatmete.
"Die Tote, Mönchlein, das ist meine Frau."
Damit schritt er weiter das Tal entlang; Benno eilte hinterher.
"Deine ... Aber ist nicht Livia deine Frau?"
"Mengia. Die Mutter von Gianin und Pirmin."
"Du wusstest nicht, dass sie tot ist? Die Knochen könnten auch von -"
"Mengia ist tot. Neun Jahre." Abrupt blieb der Bauer stehen und stieß Benno mit den Knöcheln vor die Brust. "Du, Mönchlein, du hast keine Ahnung. Du glaubst, Gott schützt dich. Sie auch. Ist dem Höllenreiter nicht aus dem Weg gegangen. Nie."
Ein eisiger Windstoß zerrte an Bennos Kapuze wie ein Vorbote des Wilden Heeres.
~
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