hallo, Hölle!
Es ist zwar recht still, in letzter Zeit, aber gutes Grillwetter ...
Passend dazu die Schlusssequenz von ˋmit deinen Augen ´.
Zwischen den Anfang und ˋjetzt ´ erkunden Kai und El! die Welt, und es gibt haufenweise Zeug, das Kai über diese seine Welt lernt, und all sowas, und ... das ist alles bestimmt ganz lustig, aber erst dieser Schluss ist wichtig.
Also:
Schluss
Zuletzt ist sie gegangen.
Die Agentur hat Millionen verdient mit dem, was El! und ich an Content geliefert haben, viele Millionen, und unser Anteil war ... sehr anständig. Klar, weil die Agentur natürlich auf noch viel mehr Millionen hoffte und ich nie einen Exklusivvertrag unterschrieben hatte. Mal abgesehen davon, dass es gute Leute dort gibt, beinahe ... Freunde.
Jedenfalls war das Konto prall gefüllt, bereit, alles zu finanzieren, was das Leben angenehm machen konnte. Eigentlich.
Nur ... das was El! brauchte, war nicht zu kaufen.
Sie wurde trauriger mit jedem Tag, schweigsamer, einsamer ...
Traurig, so sagte sie, weil sie Liebe gefunden habe, bei mir - aber Liebe allein ihr nicht genug Kraft gäbe, diese - meine - Welt auszuhalten.
Und deshalb ging sie fort.
Sie bat nicht um meine Zustimmung. Sie wusste, dass ich sie nicht zurückhalten würde.
Sie hatte im Wald ein Blatt gefunden, ein Ahornblatt glaube ich, und das heftete sie mit drei Stecknadeln an die Wand - die gleiche Wand, an der damals das Auenland-Bild hing. Und dann umarmte sie mich, weinend, sagte noch etwas - du kannst eine Tür finden, vielleicht - und ... sprang.
Sie sprang in das Blatt hinein, das habe ich gesehen. Und das Ahornblatt wurde welk, in einem Sekundenbruchteil, und verdorrte und verging schließlich in einer weiß-blauen Flamme, und sie war fort.
Nur ihr Körper, der lag auf dem Boden vor dieser Wand, beinahe in der gleichen Haltung wie damals, aber unverletzt.
Ich habe sie gewaschen und in ein Leinentuch gehüllt um im Garten begraben. Und ...
Seitdem suche ich die Tür, von der sie sprach, seitdem laufen alle Nachrichtenkanäle, und ich habe drei Bots, die das Netz absuchen, und einen Privatdetektiv und ... nichts.
Bis heute.
Ich habe heute, nach Wochen, gebadet, mich rasiert und bin dann in den Garten gegangen. Einfach so. ˋMüsste mal wieder ...´ dachte ich, und dann sah ich es: Auf ihrem Grab, das kaum mehr erkennbar unter Gras und Kräutern lag, wuchs eine Pflanze. Eine, die ein einziges, silberweißes arhornförmiges Blatt trug, und in der Mitte des Blattes erkannte ich ein sehr kleines, hellrotes stilisiertes Herz ...
Ich weiß nicht, wie lange ich es angestarrt habe, jedenfalls war es finster, als ich mit dem Blatt zurück in die Wohnung ging.
Die drei Stecknadeln waren noch in der Wand, und wie El! befestigte ich das Blatt mit ihnen, ohne es zu durchstechen.
Wie funktioniert das? Was hat sie darüber erzählt?
Der erste Versuch - ganz fest an sie denken und springen - endete mit einer veritablen Beule an der Stirn. Denke nach! Denke nach!
Sie sagte einmal sowas wie ˋTüren sind nicht für Leben, nur für Sein ´, erinnerte ich, und ... ich habe noch das kleine Sichelmesser, dass sie damals geschmiedet hat und ...
Das Blatt an der Wand scheint zu welken, ich habe keine Zeit mehr - macht´s gut und die Welt zu einer besseren.
Alles Liebe, Chai
Nachwort des Herausgebers
Kai Dirk Mauser hat dieses Manuskript elektronisch zur Agentur übermittelt, und weil wir alle darauf gewartet hatten, wurde ich trotz der späten Stunde sofort informiert.
Mitten in der Nacht habe ich es gelesen, und im Morgengrauen gelangte ich zu den letzten Absätzen, die mich natürlich sofort in Alarmstimmung versetzten. Unverzüglich informierte ich den Sicherheitsdienst der Agentur und orderte ein Taxi, aber ...
Wir kamen zu spät.
Kai lag mit einer Schnittwunde am Hals an der Nordwand seines Apartments, tot.
Ich habe nach dem ersten Schock und nachdem der Notarzt diese traurige Wahrheit bestätigt hatte, das Apartment versiegeln lassen und ein privates Forensik-Institut beauftragt, alle - ausdrücklich alle Spuren zu sichern und eine detaillierte Auswertung - auch unter Berücksichtigung der letzten Absätze des Manuskripts - vorzulegen.
Heute ich dies Auswertung eingetroffen.
Die Ermittler haben den Garten komplett ausgegraben, das Erdreich analysiert , und tatsächlich eine Stelle gefunden, an der vor einiger Zeit ein Leinentuch vergraben worden ist. Nur ein Leinentuch. Sonst nichts.
In der Wand, vor der Kai lag als ich ihn fand steckten drei Nadeln in einer Formation, die ein normals Ahornblatt dort hätte festhalten können, es gab aber keinerlei Spuren eines solchen Blattes.
Kai wies an der Stirn eine Beule auf, und die Spurenleute stellten mit, wie sie sagten, an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit fest, dass es mit Schwung und ebenso wahrscheinlich mit Absicht gegen eben diese Wand geprallt ist, und zwar etwa eine halbe Stunde vor seinem Tod.
Die Schnittverletzung an seinem Hals hätte mit Sicherheit zum Tod geführt - allerdings ergab die Obduktion, dass Kai nicht daran verstorben ist. Das das Leben in vorher verlassen hat.
Diesen Verdacht äußerten die Fachleute bereits angesichts der zu geringen Blutmenge auf dem Boden.
Das Fazit?
Ich weiß es nicht.
Ich weiß es wirklich nicht. Deshalb füge ich diese Tatsachen (und, im Anhang, die Quellen dem Manuskript bei und gebe dieses zur Veröffentlichung frei, ohne eine weitere Überarbeitung durch unser Lektorat.
Kais letztem Willen, der uns vorliegt, entsprechend werden alle Einnahmen aus diesem Werk sowie alle ihm zustehenden Tantiemen aus seinen vorherigen Veröffentlichungen einer von ihm benannten gemeinnützigen Organisation zugeführt.
In Trauer um einen Freund,
Jay H. und die Agentur Traumbilder