Autor Thema: Dampf - alternativer Anfang ...  (Gelesen 6484 mal)

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Uli

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Dampf - alternativer Anfang ...
« am: 08 October 2016, 21:02:30 »
Hallo Hölle,
Das folgende Textstück war als Einstieg in die Dampf-Handlung gedacht - und ist als solches mittlerweile verworfen. Und es ist unklar, ob ich diesen Teil überhaupt nutze, um den 'Watson' (zweite Erzählebene) einzuführen ...
Ein Stück Text am Abgrund ...
Einerseits eine geradezu klassische Sache: Watson, der unbedarfte Ich-Erzähler, der die Taten des Meisters begleitet, protokolliert und bewundernd interpretiert, der treue, doofe ... Brückenschlag zum Leser. Neu interpretiert von (verbeug) mir.
Und ... ja, da ist das Problem: Es ist so falsch, wie es nur sein kann - und ich weiß nicht, wieso.

Dem Leser direkt mitzuteilen, dass der Ich-Erzähler ein ... nun, ein echter Watson, ein Hastings ist (und es sich folglich um einen Kriminalroman handelt, der Mitdenkken verlangt, aber zugleich behauptet, dass es 'dich überraschen' wird, das ganze Zeug - das Offenlegen aller Konventionen und so - das funktioniert.
Und doch: Es funktioniert *nicht*.

Deswegen war dieser Teil eigentlich schon verworfen. Ich grabe ihn jetzt aus, weil ich vermute, genau daran lernen zu können, was mein derzeitiges Problem ist ...
Das macht mir die Sache mit der konkreten Frage leicht:
Warum funktioniert das hier nicht?


***


Man bat mich, jene Ereignisse des Jahres 1985 zusammenzufassen und zu Papier zu bringen, die heute wohl bestenfalls als muntere Anekdote noch bekannt sind, als unterhaltsame, aber letztlich bedeutungslose Note der Geschichtsschreibung, die damals aber nur um ein Weniges verfehlten, die Welt in den Abgrund zu stürzen.

Ich kann mich der Bitte, diese Begebenheiten nun zu veröffentlichen kaum entziehen, auch deshalb, weil es eine kleine Sühne darstellt für eine Nachlässigkeit meinerseits, die beinahe zur Eskalation der ohnehin schwierigen Situation geführt hätte, aber viel mehr, um meiner Meisterin, der unlängst verstorbenen Madame deFaire, die verdiente Ehre zu erweisen und ihre Rolle in jener Angelegenheit ins rechte Licht zu rücken.

Sie selbst reklamierte niemals ihren Verdienst an der glücklichen Auflösung dieset Angelegenheit, wie sie auch in keinem anderen Fall ihren Anteil kundtuen wollte, so dass bis zuletzt nur wenige Eingeweihte überhaupt von der Tätigkeit der Madame wussten:
Allgemein wurde - und wird - angenommen, sie sei eine etwas verschrobene Erbin gewesen, die auf ihrem Gutshof in Südirland sich der Pflege einiger Dutzend Katzen sowie einigen Fässchen Portweins widmete.
Und die wenigen, die ihre Schriften studiert haben, verkennen dennoch oft die Grösse ihrer Gedanken, wohl zumeist, weil Madame deFaire es nicht liebte, über sich selbst zu berichten.

Ich werde also, aufgrund des Ansinnens von höchster Stelle, aufgrund meiner ungebrochenen Verehrung Madames und nicht zuletzt, um eine gewisse Schuld abzutragen, nun berichten, was tatsächlich geschehen ist in jenen Tagen.

Vieles, wie sich wohl von selbst versteht, kann ich nur aus dem Hörensagen wiedergeben, und manches, wovon wir zu wissen glaubten, hat sich späterhin anders dargestellt.
Bei dieser Niederschrift werde ich mich, um des besseren Verständnisses willen, an das halten, was uns zu dem jeweiligen Zeitpunkt bekannt war - ansonsten wäre die Leistung der Madame deFaire, die fehlenden Faktoren zu erschliessen und zu beweisen, nicht nachvollziehbar - und zugleich wären meine eigenen Fehlleistungen in ein Licht gerückt, dass sie als vollkommen unendschuldbar erscheinen lassen müsste.

Ich war soeben, im Alter von 21 Jahren und sofort nach dem Abschluss eines Studiums zum Sekretär als Anwärter in den Dienst der Madame getreten und hatte als solcher alle Schritte, die sie unternahm, ohnehin protokolliert.
Madame selber pflegte ihre eigenen Notizen mir allabendlich zur Abschrift vorzulegen, da ihr nachlassendes Augenlicht - sie zählte bereits an die sechzig Jahre - ihr erschwerte, ihre eigene Handschrift zu entziffern: Sie schrieb zeitlebens in wunderbar zierlicher und exakter Manier, aber eben auch sehr kleinzeilig.

Madame benötigte, wie sie mir bei meiner Vorstellung auf ihre Anzeige hin erklärte, einen „stillen, grossen, kräftigen und nicht zu intelligenten Angestellten, der ein passables Gedächtnis mit weniger Phantasie, aber genauester Beobachtungsgabe zu verbinden weiss“, und hiess mich eine Viertelstunde später, nachdem sie mich über meine Verhältnisse befragt hatte, den Satz genau zu wiederholen.
Was mir wortgetreu gelang, so dass sie mich vom Fleck weg engagierte, um ein Gehalt, das meine kühnsten Kalkulationen noch übertraf.

Als die Tinte unter dem Vertag trocken war, erklärte Madame mir, dass meine Vorgänger allesamt in ihren Diensten umgekommen seien, womit sie die Höhe des Entgeltes erklärte. Ich wusste nicht, ob Madame scherzte - sie sprach vollkommen ernst, aber mir mochte sich nicht erschliessen, wo der angenommene Dienst Gefahren bergen sollte: 
Ich las jeden Vormittag ein halbes Dutzend Zeitungen und fasste Artikel, in denen bestimmte Worte verwendet wurden, zusammen, kürzte Füllwörter und Wiederholungen heraus und korrigierte unglücklichen Satzbau, um ihr am Mittag das Ergebnis vorzulegen. Nach dem Tee verlangte sie dann einige der Artikel im Original zu lesen, und abends musste ich eine korrigierte Version dieser Werke an die jeweiligen Redaktionen schicken, mit der Aufforderung, doch bitte „in einem solch angesehenen Blatte auf die korrekte Verwendung von Rechtschreibung, Grammatik und Interpunktion verstärkt zu achten“.
Es war ein Artikel in der Brüsselner Ausgabe der Times, die uns - der Madame auf die Affäre Watt aufmerksam machte, und sie selbst schrieb noch am selben Tag einen Brief, den ich persönlich zum Postamt zu bringen hatte, eingeschrieben, durch Boten, eilig und mit Rückantwort.
Noch am selben Abend reisten wir ab, um am Mittag des Folgetages in Brüssel einzutreffen - wahrscheinlich noch bevor der Brief seinen Empfänger hatte erreichenden können, denn wir nahmen das Postschiff, mit dem auch dieser den Kanal passierte.

...
danke für's Lesen! :b5:

Offline eska

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Re: Dampf - alternativer Anfang ...
« Antwort #1 am: 08 October 2016, 23:52:04 »
Hi Uli!
Wie soeben versprochen, habe ich mir den Text vorgeknöpft.
Wieder kann ich dir keine strukturelle Analyse bieten, sondern nur aufzeigen, wo ich als Leserin in unsichere Gewässer gerate oder von der Strömung weggetragen werde.
Ob das dir hilft, herauszufinden, was dein derzeitiges Problem beim Schreiben ist, weiß ich nicht. (Ich kenne dich ja noch nicht so lange wie die meisten anderen.)
Dennoch: Wohl bekomm's!

Für mich zerfällt der Text in zwei klar getrennte Teile: Auftrag und Rechtfertigung, dann Beginn des Berichtes. Problematisch ist nur der erste Teil, der zweite 'funktioniert' anstandslos. Für diesen fehlt mir nur ein kleiner Überleitungssatz oder auch nur ein Signal wie "Im Februar 1985 also, ich war soeben..."
Inhaltlich nur eine Erbse:
Zitat
sie selbst schrieb noch am selben Tag einen Brief, den ich persönlich zum Postamt zu bringen hatte, eingeschrieben, durch Boten, eilig und mit Rückantwort.
Noch am selben Abend reisten wir ab,
Wieso schreibt sie, wenn sie gleichzeitig selbst aufbricht, wohl wissend, dass die Post nicht schneller sein kann? (Übrigens kann ein effektiver Postdienst das vielleicht doch, im Berlin der 20er Jahre wurde meines Wissens mindestens viermal pro Tag die Post ausgetragen.) Oder entscheidet sie sich erst spät? Dann fehlt mir ein Hinweis darauf. Auf jeden Fall würde ich deswegen aus dem 'noch am selben Tag' ein 'sofort' machen, damit irgendeine Zeit zwischen den zwei Handlungsansätzen aufscheint.

Jetzt zum Beginn:
Beim ersten, durchaus aufmerksamen Lesen, erschließen sich mir die Auftragslage und die Zusammenhänge nicht. Ich habe allerdings sehr wohl einen Eindruck vom Erzähler: umständlich, genau, aus der Angst heraus, Wesentliches zu übersehen lieber weitschweifig und detailliert, also an seiner Urteilskraft durchaus zweifelnd. Durch die demütigen Eingeständnisse seiner Fehler -
Zitat
eine Nachlässigkeit meinerseits, die beinahe zur Eskalation der ohnehin schwierigen Situation geführt hätte,
Zitat
zugleich wären meine eigenen Fehlleistungen in ein Licht gerückt, dass sie als vollkommen unentschuldbar erscheinen lassen müsste
- und im Gegensatz zu seinem uneingeschränkten Lob bzw. seiner Bewunderung Mme deFaires und in Verbindung mit seiner Berufswahl ist die Personenkonstellation eigentlich klar. Ein Chronist berichtet vom bewundernswerten Vorgehen einer überragend klugen Frau beim Lösen verwickelter Angelegenheiten mit Katastrophenpotential. Ist das nicht, was du wolltest? Hat funktioniert. (Gut, das Wort Krimi steht nicht explizit da, aber das Genre sitzt.)

Eben weil er so ist und deswegen so schreibt, kommt man als Leser schwer rein - ja, auch wenn es nur um die ersten Absätze geht. Beim zweiten Lesen, wohl mit dem zweiten Teil in Kopf, verstehe ich ihn. Aber wer liest schon so? Was würde mir helfen?
1. Er sollte sich, trotz aller Bescheidenheit, kurz vorstellen. Dann weiß ich immerhin schon mal, wer mit mir redet (und wie er mit Madame zusammenhängt).
2. Es wäre weniger verwirrend, wenn feststünde, wer der Auftraggeber des Berichtes ist und mit welchem Ziel.
3. kannst du vielleicht ein bißchen Umstandskrämerei rausnehmen, ohne den Charakter zu verändern. Folgendes stelle ich mir vor:

Zitat
die heute wohl bestenfalls noch als muntere Anekdote noch bekannt sind, als unterhaltsame, aber letztlich bedeutungslose Note der Geschichtsschreibung, die damals aber nur um ein Weniges verfehlten, die Welt in den Abgrund zu stürzen.
Zitat
Ich kann mich dieser Bitte, diese Begebenheiten nun zu veröffentlichen kaum entziehen, auch deshalb, weil es eine kleine Sühne darstellt für eine Nachlässigkeit meinerseits, die beinahe zur Eskalation der ohnehin schwierigen Situation geführt hätte. aber viel mehr  , um meiner Meisterin, der unlängst verstorbenen Madame deFaire, die verdiente Ehre zu erweisen und ihre entscheidende Rolle in jener Angelegenheit ins rechte Licht zu rücken.

Zitat
Sie selbst reklamierte niemals ihren Verdienst an der glücklichen Auflösung dieset Angelegenheit, wie sie auch in keinem anderen Fall ihren Anteil kundtuen wollte, so dass bis zuletzt nur wenige Eingeweihte überhaupt von ihrer Tätigkeit der Madame wussten:
Zitat
Und die wenigen, die ihre Schriften studiert haben, verkennen dennoch oft die Grösse ihrer Gedanken, wohl zumeist, weil Madame deFaire es nicht liebte, über sich selbst zu berichten.
Zitat
Ich werde also, aufgrund des Ansinnens von höchster Stelle, aufgrund meiner ungebrochenen Verehrung Madames und nicht zuletzt, um eine gewisse Schuld abzutragen, nun berichten, was tatsächlich geschehen ist in jenen Tagen.

Dies steht hier vielleicht nicht an bester Stelle. Und brauchst du es noch einmal, wo alles Inhaltliche schon da ist? Muss er sich Mut machen?

Ich hoffe, etwas gestrafft und mit vorangestellten Basics öffnet sich dein Anfang dem Leser besser.
Noch eines: Das Wort Meisterin irritiert mich, ich verbinde damit eine ganz andere Art Abhängigkeit, als hier gegeben zu sein scheint (angestellter Sekretär einer schreibenden und sprachbewußten älteren Dame).

Erbse:
Zitat
aus dem vom Hörensagen

Zitat
Das folgende Textstück war als Einstieg in die Dampf-Handlung gedacht
Also nach dem Prolog und vor dem Steuerbescheid? Oder anstelle des zweiten? Es liest sich wie ein typischer Anfang, aber die alternate reality-Info finde ich nötig. Wie die zwei Erzählebenen sich zusammenfügen, kann ich noch nicht absehen.

Das war's für heute.
Gute Nacht!

eska

  • Ich schreibe gerade: mal wieder kaum. Feinschliff Lethbridge ist dran. Diverses liegt wieder auf Eis.

Uli

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Re: Dampf - alternativer Anfang ...
« Antwort #2 am: 09 October 2016, 14:38:36 »
 :dops:
ay Eska,

Ja, das war schon sehr hilfreich, danke!

Die Umstandskrämerei zu reduzieren sollte kein Problem darstellen, der Text ist ja noch in einem recht frühen Stadium - schlicht, weil ich schon bei der ersten Überarbeitung nicht mehr wusste, ob ich den Watson beibehalte, oder lieber komplet den Off-Erzähler nehme.
Das Zusammenspiel der Erzählebenen hatte ich so geplant, dass alles, woran die Madame unmittelbar beteiligt ist, vom 'Watson' berichtet (und kommentiert) wird, und die Szenen, die Madame nur inhaltlich kennen kann, vom Off.
(Schon der erste Holmes-Roman, Eine Studie in Scharlachrot, war so aufgebaut. Wenn der auch heute eher 'unlesbar' ist, war das doch wegweisend für das Genre)

Die 'Watson-Lösung' ist jahrzehntelang ein Standard geblieben, so gut wie jeder klassische Detektiv hat so einen - wobei Lady Agatha zwar ihrem Herkules Poirot den ständigen Begleiter Hastings mitgibt, aber für Miss Marpel (fast) jedes mal einen anderen Assist erfindet.
Der Vorteil ist halt die Möglichkeit, zu kommentieren, und ab und zu dem Leser Dinge erklären zu können, indem diese eben dem Watson erklärt werden.
Sehr praktisch, wenn man bestimmtes Wissen beim Leser benötigt.

Den Watson vorstellen wird ebenfalls gehen, und die Überleitung auch.

Tja.
Warum ich damit ein Problem habe ist schlicht: Setting taucht bisher so gut wie gar nicht auf, lediglich Details wie 'Briefe schreiben statt mailen' und 'Postschiff' deuten an, dass hier irgendetwas anders ist in diesem 1985.
Und ja, die Personenzeichnung funktioniert offenbar - aber das Bild von Kleidung und Einrichtung und so finde ich selbst nicht. Was bedeutet: Kein Bild, oder schlimmer: Eins, dass sich an unserem 1985 orientiert.
'Sehen' sollte man aber das, was im 'Steuerbescheid' ja weitgehend funktioniert.
Und damit habe ich das Problem:
Dies hier könnte der bessere Einstieg sein, weil die richtigen Erwartungen geweckt werden (können), dafür fehlt mir das Bild.
Und der Steuerbescheid gibt zwar das richtige Bild, aber nicht die Startrampe ...

Und  :flenn: ich weiß nicht weiter:
Das ist ein Zirkelbezug in meinem Schreibhirn, den ich nicht aufgelöst bekomme.
Nun, jedenfalls bisher nicht.

cheers, Uli

Offline eska

  • Röstdämon
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Re: Dampf - alternativer Anfang ...
« Antwort #3 am: 09 October 2016, 17:55:40 »
Hi, Uli.
Schön, dass mein Senf von Nutzen war!
Hier noch mehr.  :cheese:

Zitat
Setting taucht bisher so gut wie gar nicht auf, lediglich Details wie 'Briefe schreiben statt mailen' und 'Postschiff' deuten an, dass hier irgendetwas anders ist in diesem 1985.

Ich weiß nicht, ob das in deinen Plan passt, aber du könntest ihn etwas ausschweifender erzählen lassen.

Beispiel:
Als ich damals, angetan mit meinem besten XXX (Anzug der jeweiligen Mode oder Hut), vor ihrem Haus aus der Droschke stieg, ahnte ich nicht, in welche Machenschaften mich das verstricken würde. Auch die kleine, silberhaarige Dame, die mich zur Begrüßung durch ihren juwelenbesetzten Zwicker musterte, bevor sie dem Mädchen Anweisung gab, einen Tee zuzubereiten, machte zwar einen etwas ungewöhnlichen Eindruck (Besonderheit einfügen), ließ mich aber keineswegs vermuten, durch welche haarsträubenden Situationen sie mich in den kommenden Monaten und Jahren führen würde.

Zwar widerspricht das etwas seiner Bescheidenheit, könnte aber trotzdem rein, wenn er einen Ersteindruck der Madame geben will, einen, der vielleicht besonders harmlos oder sonstwie täuschend ist und der zu ihrem Spektrum gehört, sie als talentierte Schauspielerin zeigt oder so. Oder er zeigt ihre Methoden, Informationen zu sammeln, an sich als erstem 'Opfer'.

Jedenfalls wüsste ich auch nicht, wie du ohne Setting, das in deinen bisherigen Bericht eben nicht reinpasst, Zeitkolorit einbauen und damit auf die ahistorische Variante hinweisen könntest.

Ciao,

eska
  • Ich schreibe gerade: mal wieder kaum. Feinschliff Lethbridge ist dran. Diverses liegt wieder auf Eis.

Uli

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Re: Dampf - alternativer Anfang ...
« Antwort #4 am: 09 October 2016, 21:22:18 »
Hmmm ... ja, sowas geht (innerhalb gewisser Grenzen) schon noch - nur: Ich habe in der Szene ja nur die Madame als 'Referenz' - und die kann man ja durchaus für schrullig halten. Also nicht repräsentativ vor ihre Zeit und Gesellschaft.
OK, das würde immerhin ein Bild dieser zwei Personen ergeben, aber ... hmmm ...
Dabei besteht die Gefahr, dass das eben als 'Sonderfall' gesehen wird, und Dinge, die im Setting 'normal' sind, eben der Schrulligkeit zugeschrieben werden.

(immer noch im Zirkelbezug, gnarf ...)

Offline eska

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Re: Dampf - alternativer Anfang ...
« Antwort #5 am: 09 October 2016, 22:08:25 »
Nö.  :cheerful:

Auch der Erzähler - dessen Sprache ihn schon von uns Heutigen abhebt - trägt in meinem Beispiel etwas Bestimmtes (Bowler?), fährt Droschke, verwundert sich nicht über den Zwicker oder das Mädchen.... Das kannst du ja noch ausbauen mit ganz deutlichen Signalen.

eska
  • Ich schreibe gerade: mal wieder kaum. Feinschliff Lethbridge ist dran. Diverses liegt wieder auf Eis.

Uli

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Re: Dampf - alternativer Anfang ...
« Antwort #6 am: 09 October 2016, 22:14:31 »
oh ...


Du hast grad einen klassischen Fall von 'Betriebsblindheit' aufgeklärt ...

 :danke:

(meine Güte ... das erfordert jetzt einen Happen zu essen  :tisch: )


Offline eska

  • Röstdämon
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Re: Dampf - alternativer Anfang ...
« Antwort #7 am: 09 October 2016, 23:03:22 »
Gern geschehen!

eska
  • Ich schreibe gerade: mal wieder kaum. Feinschliff Lethbridge ist dran. Diverses liegt wieder auf Eis.

Rilyn

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Re: Dampf - alternativer Anfang ...
« Antwort #8 am: 11 October 2016, 21:23:46 »
Hoi Uli,

Den Text musste ich zwei Mal lesen, weil ich beim ersten Mal zu müde war für die Schachtelsätze. ;D
Ansich sind die okay, denke ich, aber fang besser nicht im ersten Absatz damit an, und lass deinen Lesern Verschnaufpausen. Im Augenblick ist das irre anstrengend zu lesen, und die wichtigen Teile der Sätze schwer rauszupicken.

Zitat
Man bat mich, jene Ereignisse des Jahres 1985 zusammenzufassen und zu Papier zu bringen, die heute wohl bestenfalls als muntere Anekdote noch bekannt sind, als unterhaltsame, aber letztlich bedeutungslose Note der Geschichtsschreibung, die damals aber nur um ein Weniges verfehlten, die Welt in den Abgrund zu stürzen.
Bis ich hier beim letzten, wichtigen, interessanten Teil ankomme, ist leider meine Aufmerksamkeit schon abgestürzt. (Und ich lese sowohl Miss Marple wie auch Sherlock Holmes sehr gerne.) :)
Zerteil den Satz mindestens mit einem Semikolon, vielleicht besser komplett.

Zitat
Ich kann mich der Bitte, diese Begebenheiten nun zu veröffentlichen kaum entziehen, auch deshalb, weil es eine kleine Sühne darstellt für eine Nachlässigkeit meinerseits, die beinahe zur Eskalation der ohnehin schwierigen Situation geführt hätte, aber viel mehr, um meiner Meisterin, der unlängst verstorbenen Madame deFaire, die verdiente Ehre zu erweisen und ihre Rolle in jener Angelegenheit ins rechte Licht zu rücken.
Ein Watson! Mweee! :cheer:
Vor allem durch die Anmerkung, dass er selbst in der Sache drinsteckte, wird er hier sofort interessant und zieht auch die Madame mit ins Rampenlicht. Das zieht zumindest für mich viel besser als der Storyanfang mit Watt, persönlich wie auch durch die Anmerkung mit dem potentiellen Sturz in den Abgrund. Dass der offenbar nicht geschehen ist, stört mich hierbei weniger, weil es eben von einem Watson erzählt wird.

Zitat
Allgemein wurde - und wird - angenommen, sie sei eine etwas verschrobene Erbin gewesen, die auf ihrem Gutshof in Südirland sich der Pflege einiger Dutzend Katzen sowie einigen Fässchen Portweins widmete.
Oh, ich mag sie. ;D

Zitat
und zugleich wären meine eigenen Fehlleistungen in ein Licht gerückt, dass sie als vollkommen unendschuldbar erscheinen lassen müsste.
Aww und ihren Watson auch. Er ist so menschlich ("ich weiß, ich habe Mist gebaut, aber ich möchte wenigstens klarstellen, wie und weshalb, okay?") ... wer kennt das nicht, wenn Lehrer, Chefs, Rezensenten, sonstwer, nur aufgrund eines kurzen Eindrucks urteilen und jede Begründung sofort als Rechtfertigung dargestellt wird. "Man bat mich" ... wer? Das will ich bei einem Watson gar nicht wissen, aber hier relativiert sich diese Floskel: er selbst will das vor allem anderen.(edit: aber wenn er sagten würde: "ich will das klarstellen", dann hört ihm wieder niemand zu. Er kennt sein Publikum.) Was keine Kritik an der Floskel ist, denn die Diskrepanz zeigt viel vom Erzähler.
Hier bietet sich nebenbei auch eine Möglichkeit, den Erzähler persönlich weiter reinzuziehen, falls die Story das zulässt: gibt es ungenannte Gründe, weshalb er dies nun schreibt? Hörte man ihm nicht zu und beschuldigt ihn jetzt? Kein Muss, könnte aber interessant sein, und würde definitiv auch ein jüngeres Publikum eher reinziehen, das den reinen Watson-Erzähler nicht gewohnt ist.

Zitat
einen „stillen, grossen, kräftigen und nicht zu intelligenten Angestellten, der ein passables Gedächtnis mit weniger Phantasie, aber genauester Beobachtungsgabe zu verbinden weiss“, und hiess mich eine Viertelstunde später, nachdem sie mich über meine Verhältnisse befragt hatte, den Satz genau zu wiederholen.
Was mir wortgetreu gelang, so dass sie mich vom Fleck weg engagierte, um ein Gehalt, das meine kühnsten Kalkulationen noch übertraf.
:victoria: Er mag vielleicht keine überbordende Fantasie haben, aber er hat Humor und ein selbstkritisches Selbstbewusstsein.

Alles in allem finde ich diesen Anfang, abgesehen von den Schachtelsätzen, viel interessanter als den direkten Einstieg mit Watt. Zu diesem Watson habe ich einen persönlichen Bezug, die Madame ist interessant und der Story sind Spannung und eine Wende vorgegeben, die auch ein folgendes Watt-Kapitel in ein anderes Licht rücken: man wird sofort anfangen, die Utopie zu hinterfragen. Ich wäre erfreut, mehr von der Madame zu erfahren und davon, wie sie in dieser Affäre drinsteckte.

Liebe Grüße! :kaffee2:
Ril
« Letzte Änderung: 11 October 2016, 21:51:26 von Rilyn »

Uli

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Re: Dampf - alternativer Anfang ...
« Antwort #9 am: 11 October 2016, 22:02:46 »
 :dops: :dops: :dops:

ay Ril,

Das freut mich!

Schachtelsätze ... ok, kein Problem (der Text ist ja noch am Anfang seiner Karriere ...)

Dass die Figur (bisher hat Watson nur einen 'Arbeitsnamen': Wilbert van derRolle ) so intensiv wirkt, damit hätte ich nicht gerechnet. Obwohl der Gute schon ziemlich weit entwickelt ist. Tja ...
Überraschung. Gut.

Madame braucht noch einen letzten Kick (dazu bin ich damals schlicht nicht mehr gekommen), aber ihr Konzept, Dinge zu erledigen, ist schon schön. Also ... finde ich.

Das 'weiter reinziehen' setze ich mir mal auf den Merkzettel - könnte gut passen für einige Stellen, in denen er bisher ganz unbedarft erzählt, die aber ebensogut hintersinnig sein können.
Er hätte dann eine Absicht beim Berichten ... ja, klingt vielversprechend, danke!

cheers, Uli

Offline eska

  • Röstdämon
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Re: Dampf - alternativer Anfang ...
« Antwort #10 am: 12 October 2016, 10:58:50 »
Moin!
 :ichich:
Zitat
Hier bietet sich nebenbei auch eine Möglichkeit, den Erzähler persönlich weiter reinzuziehen, falls die Story das zulässt: gibt es ungenannte Gründe, weshalb er dies nun schreibt? Hörte man ihm nicht zu und beschuldigt ihn jetzt?

Sehr gute Idee von Rilyn! Solltest du unbedingt aufnehmen, Uli.
Ich hab neulich mal den Anfang vom Namen der Rose nachgelesen, da wird auch klargestellt, warum Adson von Melk den Bericht aufschreibt, also wie er denkt, was er für ein Mensch ist. Und einstimmen auf den Tenor des Ganzen kannst du uns damit auch.

Zitat
auch ein folgendes Watt-Kapitel in ein anderes Licht rücken: man wird sofort anfangen, die Utopie zu hinterfragen.
Ebenso.   :klatsch:

Zitat
Dass die Figur (bisher hat Watson nur einen 'Arbeitsnamen': Wilbert van derRolle ) so intensiv wirkt, damit hätte ich nicht gerechnet. Obwohl der Gute schon ziemlich weit entwickelt ist. Tja ...
Überraschung. Gut.
Also: Ja, die Figur wirkt (auch nach  :)). Zum Namen: van der Rolle ist mir noch zu dick aufgetragen, kann man vielleicht abmildern durch Niederländisch, eine andere Schreibweise, ein Synonym.
Genauso habe ich neulich schon über Madame deFaire nachgedacht: französischer Name mit französischen Wurzeln, entsprechendem Gehabe, entsprechendem Blick auf die sie umgebende Gesellschaft? (Der Landsitz mit Katzen und Portwein vermittelt mir ein anderes, 'englischeres' Bild). Und deFaire: übersetzt aus 'zu machen, zu erledigen' - das wäre eher 'à faire' (Anklang 'une affaire') oder homonym 'de fer' - aus Eisen, oder französisiert 'fair'? Als Name würde es sich eher in zwei Worten schreiben (ehemaliger Adel) oder in einem mit großem D (wie Dumont zum Beispiel).
Tja, dann mal ran an die Überarbeitung der Anfänge!  :dops: *will lesen*

eska
  • Ich schreibe gerade: mal wieder kaum. Feinschliff Lethbridge ist dran. Diverses liegt wieder auf Eis.

Uli

  • Gast
Re: Dampf - alternativer Anfang ...
« Antwort #11 am: 12 October 2016, 15:15:09 »
grins ...

ja, meine Arbeitstitel und -Namen ... die können schon heftig sein.
Glücklicherweise lassen sich die aber ändern, was ich auch mache - sobald die Figur mir halt mitteilt, wie sie heißt.
Der Gute wird also nicht von der Rolle bleiben ...

Madame hingegen ... nun, da ist eine winzige Ahnung von einer Anspielung drin. Die aber sooooo 'intern' ist, dass ich das 'de la Fére' abgewandelt habe. Was egal ist, eigentlich, den Comté de la Feré kennt sowieso kaum jemand. Und wenn, dann unter seinem 'Kriegsnamen' Athos.
Aber, wie gesagt: Ist nur intern, der Zusammenhang.

Richtig ist aber: Französische Wurzeln, Landadel ... und mit 'Geschichte'.

Überarbeiten wird etwas dauern, leider: Evtl statt NaNo ...

Shanaja

  • Gast
Re: Dampf - alternativer Anfang ...
« Antwort #12 am: 18 October 2016, 22:22:30 »
Hoi Uli, wie andernorts angedeutet   rumgeheult, ist es bei mir in Sachen Kreativität, Rösten oder gar kreativem Rösten gerade nicht weit her. Daher sammle ich nur mal ein paar zerkochte Erbsen aus dem Dampfkochtopf:

Zitat
Auflösung dieset Angelegenheit
Rrrrr

Uuund - jetzt bräuchte ich Hilfe, weil ich deinen Text beim Runterscrollen nicht mehr sehe und daher nicht daraus zitieren kann. Jedenfalls benutzt du in dem Abschnitt, wo Mme den Brief "selbst" schreibt, 3-4 Mal Abwandlungen von "selbst/selber". Muss hier besonders betont werden, dass irgendwer irgendwas höchstselbst macht, oder kann man das eine oder andere "selber" weglassen?

Hat natürlich nichts mit deiner Frage nach dem Warum zu tun, aber da hat ja eska bereits Hand angelegt.
Röstliche Grüsse   :voodoo:


Uli

  • Gast
Re: Dampf - alternativer Anfang ...
« Antwort #13 am: 18 October 2016, 22:33:13 »
ay Shanaja,

Jo ... solche Sachen passieren, wenn man einen Text nicht ordentlich überarbeitet - ich hatte diesen schon fast verworfen, und nur eingestellt, weil bei den Röstungen zum 'Steuerbescheid' irgendwie die Idee aufgekommen ist, dass dies vielleicht doch die bessere Idee sein könnte ...
Und es ist sehr gut, dass diese Sachen noch mal angesprochen werden: Sonst verliert sich das Bewustsein dafür (leider sehr schnell)

Danke!
Uli