Autor Thema: Dampf - Prolog  (Gelesen 5611 mal)

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Uli

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Dampf - Prolog
« am: 12 September 2016, 23:17:04 »
hallo Hölle ...
Ich trau mich mal:
Dieser Text ist irgendwann um die Weihnachtszeit entstanden, als erster Schritt in ... neue Welten. Und möglicherweise ist es das, was ich jetzt so mache: Steampunk.
Ob es das wirlich wird, weiß ich noch nicht, aber es ist m.E. einen Versuch wert.
Es ist ein Prolog, ja, und er stammt von mir (der ich doch Initiator und Vorsitzender der Ich-hasse-Prologe-Loge war), und ich denke trotzdem, dass hier ein Prolog richtig ist: Unter anderem, um unschuldige LeserInnen vorzuwarnen ...

Exakte Fragen habe ich zum Text nicht, leider ..
Grammatikalische Feinheiten sind noch nicht das Thema, es sei denn, du sagst: Ey, toll!
Und meine Schlechtschreibhilfe hat getan, was sie konnte (und was ich nicht konnte).
Aber alles, was mir sagt: Oh, Ok, das könnte ... (oder halt: Iiiiih, lass das, weil ...) ist hochwillkommen - ich möchte einfach wieder ein Gefühl dafür bekmmen, nicht 'einreichfertig' machen.
Und: Das Genre ist Neuland ...
(Die Platzhalter in Klammern sind Platzhalter und werden durch korrekt recherchierten Inhalt ersetzt, sobald ich den Inhalt korrekt recherchiert habe ...)

Also: Fröhliches Grillen, allerseits! :kaffee2:

Dampf

Prolog: Die Zeithose

Es passiert, wenn zwei einander ausschliessende Ereignisse exakt die gleiche und eine sehr hohe Wahrscheinlichkeit haben: Beide Ereignisse finden statt, aber in verschiedenen Zeitsträngen.

Dabei spaltet sich die Wirklichkeit in zwei voneinander unabhängige Wirklichkeiten, was in einer Visiualisierung etwa wie eine Hose aussieht: Oben ist es eine Röhre, und unten sind es zwei.

Nun, es ist ziemlich unwahrscheinlich, dass so ein Fall eintritt, und deswegen gibt es viel weniger alternierende Wirklichkeiten, als die meisten Leute annehmen - und noch unwahrscheinlicher ist es, dass eine Zeithose aus anderen Gründen entsteht.

Diese andere Art einer Zeithose bedarf einer Kombination mehrerer Ereignisse (mindestens drei und höchstens acht), deren jedes einzelne für sich genommen extrem unwahrscheinlich ist.

Zudem müssen diese Ereignisse zeitgleich (Fussnote, steht unten) in einer bestimmten geometrischen Anordnung stattfinden, so dass die Ereignishorizonte ein hübsches Wellenmuster erzeugen können, wenn sie sich treffen.

Die so entstandenen Zeithosen unterscheiden sich durch zwei Eigenschaften von den - sagen wir - gewöhnlichen Exemplaren:

Zum einen sind sie sehr viel stabiler (die gewöhnliche Hose der Zeit neigt dazu, sich bei erstbester Gelegenheit wieder zu einer einzigen Wirklichkeit zu vereinen, was manchmal zu erheblichen Wirrungen führt), und ausserdem weisen sie einen Zwickel auf.

Die bisher einzige bekannte Zeithose mit einem Zwickel entstand am 13 Oktober 1764 , und zeigt bis heute keinerlei Neigung, sich aufzulösen.

An diesem Tag fiel in Peking (China) ein Sack Reis um, ein Rohr in (Ort) geriet in Schwingungen und ein Bär kackte im Wald, und zwar in Kanada, in der Provinz (Name).

Und nirgendwo bellte ein Hund. (Fussnote, steht unten ...)

Der infragestehende Bär hatte am Vortag einige Pfund bereits etwas angegorener Beeren zu sich genommen, was zu einer (für Bären) eher harmlosen Verstimmung des Verdauungstraktes geführt hatte, die sich um exakt 12:44:31 (Ortszeit) in einem platschenden Stakkato entlud, wobei der grösste Teil der (für Bären) ungewöhnlich dünnflüssigen Ausscheidungen in einem kleinen und bis dahin kristallklarem Tümpel landeten und dabei ein spezifisches Wellenmuster auf der sich rasch eintrübenden Oberfläche verursachten.

Aus dem richtigen Blickwinkel betrachtet (was niemand tat) ergaben die Wellen für Sekundenbruchteile ein exaktes Abbild eines Mandalas in der Eingangshalle eines Verlorenen Tempels im Mexikanischen Hochland, bis abgehende Bärendarmgase das Bild verwischten.

Der an der Zeithosengenese beteiligte Sack Reis stand bis zu diesem Zeitpunkt - raumzeittechnisch-relativistisch betrachtet - auf dem Ladentisch des ehemaligen Samurai Han S. der nach dem Ende seiner Karriere aus Japan nach Peking emigriert war und sich einen dürftigen Unterhalt als Lebensmittelhändler und gelegentlicher Übersetzer japanischer Prosa ins Mandarin verdiente.

Der Sack fiel um, weil Han seinem Lehrjungen soeben gestanden hatte, dass er selbst dessen totgeglaubter Vater sei, was Luk, den Lehrjungen, derart in Wallung brachte dass er gegen eben diesen Ladentisch austrat, was wiederum das Gleichgewicht des Reissackes - das ohnehin nicht sonderlich stabil gewesen war - zerstörte.

Etliche Dutzend Reiskörner rannen daher aus dem schlampig verschlossenen Behältnis und fielen auf einen Gong, der nach dem Ratschlag eines eher inkompetenten, wenngleich wohlmeinenden Feng-Shui-Beraters in waagrechter Stellung unterhalb des Tisches angebracht war und zwar so, dass davon eine Tonfolge ausging, die in dem einen Bein der Zeithose einmal zur Titelmelodie eines recht erfolgreichen Weltraumabenteuers werden sollte.

"Aufgeregt du bist, junger Ladenhüter" war alles, was Han dazu sagte, wobei er unwillkürlich in die heimische Grammatik verfiel, wenn er sich auch der Vokabeln der mühsam - und nicht sonderlich gründlich- erlernten chinesischen Hochsprache bediente.

Dabei schüttelte er sorgenvoll den Kopf und fragte sich im Stillen, was einmal aus seinem Sohn werden sollte - ein Lebensmittelhändler jedenfalls musste sich besser beherrschen können als der Junge es tat.

Das Rohr, dessen asynchrone Schwingungen letztlich ausschlaggebend für die Genese der gezwickelten Zeithose sein sollte, war einige Stunden zuvor von dem Universitätsmechaniker James Watt an eine Vorrichtung montiert worden, von der er sich eine deutliche Verbesserung in der Leistungsausbeute der ihm zur Reparatur anvertrauten Dampfmaschine nach der Bauart des Herrn Newcommen versprach. Es durchmass dreiviertel Zoll und war vierzehneinhalb Zoll lang, und wies zudem eine Krümmung von annähernd 90 Grad auf - annähernd, weil Herr Watt zwar als ein exakter, geradezu pedantischer Arbeiter bekannt war, für diese experimentelle Vorrichtung aber auf vorhandenes Material zurückgegriffen hatte, und dieses stammte von einem weniger korrekt arbeitenden Helfer aus einer anderen Abteilung der Universitätswerkstätten.

Das Rohr verband den Siedebehälter der Dampfmaschine mit der Wärmevorrichtung des Zylinders. Nun strömte, da die Anlage zu Versuchszwecken aufgeheizt war, Wasserdampf mit einigem Druck durch das Rohr, dass daraufhin in einer für menschliche Ohren unhörbaren Frequenz zu brummen begann.

Einige Sekundenbruchteile lang geschah gar nichts.

Dann trafen sich die Ereignishorizonte der vorher beschriebenen Umstände tief unten im magnetischen Eisenkern der Erde, der - wie gewöhnlich - still und unverdrossen vor sich hin rotierte und den Planeten mit einem Magnetfeld vor der kosmischen Strahlung abschirmte, eine Sache, von der noch niemand wusste.

Und in der nächsten Sekunde gab es den Bären, den Reissack und das Rohr zweimal, in zwei unterschiedlichen Wirklichkeiten. Das Gleiche galt für den Erdkern, das britische Empire und alles andere - allerdings zunächst ohne weitere Folgen.

Der Bär stapfte in der einen Wirklichkeit davon, um weitere Beeren zu suchen, was er in der anderen ebenfalls tat, der Reissack wurde wiederausgerichtet, hier wie dort, und das dreiviertelzöllige Rohr platzte. Allerdings nur in dem einen Bein der Hose der Zeit.

Allein James Watt, derjenige nämlich, der in der Wirklichkeit des geplatzten Rohres existierte, trug einen kleinen Schaden davon: Eine geringe Menge des austretenden Dampfes verursachte an seiner linken Hand eine leichte Verbrühung, was dazu führte, dass er seine Experimente für einige Tage unterbrechen musste.

Diese Zeit nutzte Watt, um in einem Urlaubsort an der Küste einige Gedanken zu Papier zu bringen, ein Traktat, dass er später zu einer Monographie ausarbeitete.

Nur ein Mathematiker hätte bis zu diesem Zeitpunkt die beiden Wirklichkeiten unterscheiden können: Während in der einen der Wert Pi nach wie vor 3,1415926... betrug, lautete er in der anderen nun 3,1415927 - ein kleiner, aber wichtiger Unterschied.

An dieser Stelle sei es erlaubt, dem geneigten Leser anzuraten, selbst einmal die Kreiszahl Pi zu bestimmen - man tut dies, indem man dem Flächeninhalt eines Kreises durch das Quadrat seines Radius teilt. Erhalten Sie dabei den Wert 3,1415927..., können Sie unbesorgt dieses Werk beiseitelegen und stattdessen zu einer tagesaktuellen Zeitung greifen sowie die jüngere Geschichte der Vereinigten Königreiche Europas und ihrer Kolonien sich vergegenwärtigen.

Und für die anderen beginnen wir jetzt mit der Geschichte.

Fussnoten:
1)
und zwar Zeitgleich in der Einsteinschen Raumzeit - was allein schon gar nicht so einfach ist.
2)
Das ist wichtig: Normalerweise bellt immer irgendwo ein Hund, wenn grade sonst nichts weiter los ist. Aber: Hundebellen, dass vom Beobachter nicht genau lokalisiert werden kann, stört nicht nur den Lesefluss erheblich, sondern es verhindert zudem die Entstehung alternierender Wirklichkeiten, und zwar nachhaltig.
Wahrscheinlich, weil irgendwo jemand an dieser Stelle das Buch des Schicksals ein paar Seiten weiterblättert, aus reiner Verzweiflung über den unbeholfenen Versuch, Bedeutung und/oder Stimmung zu erzeugen.
« Letzte Änderung: 12 September 2016, 23:40:46 von Uli »

Rilyn

  • Gast
Re: Dampf - Prolog
« Antwort #1 am: 13 September 2016, 01:20:13 »
Hoi Uli!

Ich stürze mich einfach mal drauf. ;D


Zitat
Es passiert, wenn zwei einander ausschliessende Ereignisse exakt die gleiche und eine sehr hohe Wahrscheinlichkeit haben: Beide Ereignisse finden statt, aber in verschiedenen Zeitsträngen.
Das "Es" am Anfang des allerersten Satzes finde ich irritierend. Nicht so sehr im Zusammenhang mit der Überschrift, aber ohne diese auf jeden Fall. Kann sein, dass das irrelevant ist, denn die folgende Erklärung zu Zeithosen ist weit ausführlicher, als sie mich an dieser Stelle interessiert.
Relevant sind die Infos:
- wie entsteht eine Zeithose? Einfachste Variante.
- eine Zeithose kann sich wieder zu einem Zeitstrang zusammenfügen.
- manche tun das nicht. Und hier wird's interessant und führt gleichzeitig ein paar Hosenbeine zu weit weg vom Thema, denn ich fragte mich die meiste Zeit während dieses Absatzes, wie viele verzweigte Möglichkeiten es schon gibt, die durch diese weitere Verzweigung gar nicht mehr zusammenführen können.

Interessant wäre auch, ob du diese ausführliche Erklärung wirklich benötigst. Schreibst du in einem Paralleluniversum, für das diese Entstehungstheorie wichtig ist, und / oder wird das innerhalb der Story nochmal aufgegriffen? Wenn nicht, lass die Erklärung ruhig weg.
Allerdings sagt das eine, die noch nicht ein Mal ein Scheibenwelt-Buch gelesen hat und seit zehn Jahren nur noch sehr wenig humoristische Phantastik liest.

Zitat
An diesem Tag fiel in Peking (China) ein Sack Reis um, ein Rohr in (Ort) geriet in Schwingungen und ein Bär kackte im Wald, und zwar in Kanada, in der Provinz (Name).
Und nirgendwo bellte ein Hund. (Fussnote, steht unten ...)
Zur Fußnote: Fußnoten sind der Grund, weshalb ich bei Bartimäus nicht über fünf Seiten hinaus gekommen bin. Sie nerven mich. Aber auch das ist sehr persönlicher Eindruck, denn Bartimäus hatte schließlich Erfolg damit.
Das größere Problem hier ist die Verknüpfung der scheinbar nicht miteinander im Zusammenhang stehenden Ereignisse. Sie finden alle statt, aber sie haben nichts mit dem wirklich interessanten Teil der Erklärung zur Zeithose zu tun:
Zitat
Es passiert, wenn zwei einander ausschliessende Ereignisse exakt die gleiche und eine sehr hohe Wahrscheinlichkeit haben
Aber das trifft hier nicht zu; nichts davon schließt das andere aus. Durch die Ereignishorizonte, die aufeinandertreffen, wird das zwar erklärt, aber das ist so weit weg und nicht mehr nachvollziehbar, dass zumindest für mich ein Versprechen aus dem ersten Satz nicht eingelöst wurde: ich will wissen, welche Ereignisse einander ausschließen. Und ich bezweifle, dass das mit den langen Verknüpfungen, Vorgeschichten und der Ablenkung durch die Star Wars-Anspielung gelingt, denn nichts davon ist relevant. Sagt wiederum die nicht-mehr-Leserin von humoristischer Fantasy der 80er und 90er, die oft mit solchen Mitteln arbeiteten und jede Menge Erfolg hatten. Oder auch den Anhalter von Douglas Adams ... ich finde ihn zu zäh, um amüsant zu sein. Gleichzeitig bin ich sehr sicher, dass ich damit allein auf weiter Flur stehe.

Zitat
Aus dem richtigen Blickwinkel betrachtet (was niemand tat) ergaben die Wellen für Sekundenbruchteile ein exaktes Abbild eines Mandalas in der Eingangshalle eines Verlorenen Tempels im Mexikanischen Hochland, bis abgehende Bärendarmgase das Bild verwischten.
Böse BÖSE Klammer, auch inhaltlich! Sie sagt aus, das sei irrelevant.
Störender finde ich das Mandala, da ich damit automatisch Asien und nicht Mexiko assoziiere.

Zitat
Der an der Zeithosengenese beteiligte Sack Reis stand bis zu diesem Zeitpunkt - raumzeittechnisch-relativistisch betrachtet - auf dem Ladentisch des ehemaligen Samurai Han S. der nach dem Ende seiner Karriere aus Japan nach Peking emigriert war und sich einen dürftigen Unterhalt als Lebensmittelhändler und gelegentlicher Übersetzer japanischer Prosa ins Mandarin verdiente.
Zu viel Info, hilfe! (Muss ausgerechnet ich sagen :uhoh: )
Der Einschub kann raus, ebenso die Vorgeschichte des Lebensmittelhändlers, denn die tut nichts zur Sache, sondern wirft eher noch ablenkende Fragen auf (Han klingt für mich als Laie chinesisch, nicht nach einem Samurai; die Namenskonventionen beider Länder passen nicht zur Abkürzung; hat ein Samurai jemals das Ende seiner Karriere erreicht und schmeißt das Schwert hin? ... etc.)

Ebenso die gesamte Star-Wars-Anspielung, die ohnehin nur funktioniert, wenn man das Original kennt, sonst ist sie nicht lustig. Auch so verwirrt einiges daran, denn Han Solo ist eben nicht Lukes Vater, und die Wirkung verpufft damit. Brauchst du das wirklich, oder wäre eine Zeile Slapstick besser, wenn der gelegentliche Übersetzer japanischer Prosa ins Mandarin gerade DEN Einfall für einen schwierigen Vers hat und auf dem Tisch tanzt ... okay, was besseres.
 :ups:

Zitat
"Aufgeregt du bist, junger Ladenhüter" war alles, was Han dazu sagte, wobei er unwillkürlich in die heimische Grammatik verfiel, wenn er sich auch der Vokabeln der mühsam - und nicht sonderlich gründlich- erlernten chinesischen Hochsprache bediente.
Das haut erst recht nicht hin; nun auch noch Yoda, und der Übersetzer stellt sich als nicht besonders sprachgewandt heraus ... nee.

Mit dem Rohr und Watt kommt endlich das, worum es in der Story geht. Gleichzeitig bin ich durch die bisherigen Abschweifungen beim Lesen aber schon in einen Modus verfallen, bei dem ich vieles gar nicht mehr bewusst mitnehme, denn was ist der wichtige Teil? Das Rohr platzt. Den Rest legt mein Hirn unter "unwichtig" ab. Wenn du bisher nicht zu viel bringst und hier Watt sowie den Umständen mehr Aufmerksamkeit widmest, dann macht das Sinn, denn es stellt eine Hauptfigur in deren Umfeld vor. Ideal wäre, wenn sich hier schon der Konflikt anbahnt, in den das platzende Rohr Watt bringt; hat er einen Auftrag, keine Zeit mehr, pingelige Investoren ... das heißt, er steckt in der Klemme. Nur als Idee, denn ich gehe davon aus, dass dieses Detail der Anfangspunkt seines Plots ist, nicht nur, weil es die Zeithose mitverursacht.

Wie schon oben erwähnt, fände ich es noch besser, wenn sich dieses Ereignis und ein anderes am selben Ort und zur selben Zeit ausschließen. Watts Berechnungen zufolgt ist die Wahrscheinlichkeit, dass das Rohr platzt, sehr gering (vielelicht szenisch? Dann kann er das zu einem Typen mit Zylinder und Stock sagen, der um sein makelloses Erscheinungsbild fürchtet). Dummerweise irrt er sich, denn wie sollte er den Sack Reis und den Bären in seine Berechnung einbeziehen? (Dann musst du aber mehr von der Chaostheorie andeuten, weshalb hier eine Beeinflussung rund um die Welt entsteht). Watt winkt ab; der Zylindermann blickt skeptisch. Und beide behalten Recht.

Zitat
Und in der nächsten Sekunde gab es den Bären, den Reissack und das Rohr zweimal, in zwei unterschiedlichen Wirklichkeiten. Das Gleiche galt für den Erdkern, das britische Empire und alles andere - allerdings zunächst ohne weitere Folgen.
Nicht abschwächen! :nudelholz: ;D

Zitat
Allein James Watt, derjenige nämlich, der in der Wirklichkeit des geplatzten Rohres existierte, trug einen kleinen Schaden davon: Eine geringe Menge des austretenden Dampfes verursachte an seiner linken Hand eine leichte Verbrühung, was dazu führte, dass er seine Experimente für einige Tage unterbrechen musste.

Diese Zeit nutzte Watt, um in einem Urlaubsort an der Küste einige Gedanken zu Papier zu bringen, ein Traktat, dass er später zu einer Monographie ausarbeitete.
Das ist eine Folge, die kein Dilemma beinhaltet und keinen Hinweis darauf, dass Verletzung, Traktat oder Monographie nochmal interessant werden. Lass Watt direkt die Folgen zu spüren bekommen, die ihn in die Story hinein ziehen, denn sonst wirkt das Ganze irrelevant.

Zitat
Nur ein Mathematiker hätte bis zu diesem Zeitpunkt die beiden Wirklichkeiten unterscheiden können: Während in der einen der Wert Pi nach wie vor 3,1415926... betrug, lautete er in der anderen nun 3,1415927 - ein kleiner, aber wichtiger Unterschied.
:wiejetzt: Das wäre wiederum prima, wenn es direkt mit Watt zusammenhinge und mit dem Platzen des Rohres, und auch mit dem Fortlauf der Geschichte. Wenn es ein reiner Indikator für die Identifikation des Zeithosenbeins ist, lass es weg, denn es wirft wieder Fragen auf: weshalb hat sich die Kreiszahl geändert, und steht sie jetzt auch überall vom antiken Tempel bis zur neuesten mathematischen Veröffentlichung in anderer Form da, etc ...
Bleib lieber bei Watt, statt nochmal komplett ins Auktoriale abzuschweifen. Kein Wortwitz kann Charakteridentifikation und Spannung ersetzen. :)


Zum Stil:
Zu ausführlich und teilweise beinahe schwurbelig, weil Sätze zu lang werden. Ich will nicht einfach sagen "Füllwörter raus" oder "Kürzen!" ... es gibt mehrere Wege, Klarheit reinzubringen, die Pointen hervorzuheben, und Füllwörter können durchaus ihren Zweck haben. Versuch's mal testweise, schmeiß alle raus, schreib ggf. um, und stopf wieder das rein, was den Tonfall unterstützt.
Was mich wirklich stört, sind die vielen Infos in Klammern. ;D


Puh, ich hoffe, ich hab's damit nicht verrissen, dann ich will deiner Schreibwut auf keinen Fall einen Dämpfer verpassen. Das Ganze klingt möglicherweise negativer, als ich es meine, denn die Idee mit der Entstehung von Paralleluniversen ist spannend. Und auch, wenn sich Verlage anscheinend mit Steampunk schwer tun, finde ich, es sollte mehr davon geben. Gerne auch humoristisch. :cheese:

Musenfutter: :b5:

Liebe Grüße! :kaffee2:
Ril

Offline eska

  • Röstdämon
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Re: Dampf - Prolog
« Antwort #2 am: 13 September 2016, 12:23:52 »
Ein erster Eindruck, kein Rösti, und ohne Anspruch auf irgendeine Vollständigkeit. (Habe Rilyns Kommentar noch nicht gelesen.)

Zunächst, ich habe keine Kompetenz in Sachen Steampunk, kenne das Genre nur theoretisch. Zur möglichen Zuordnung kann ich also nix beitragen, vermute aber, das Ironische, Zitierende gehört nicht unbedingt dazu. Machst du ja vielleicht auch nur im Prolog?

Die Entstehung einer alternativen Wirklichkeit ist verständlich und ironisch dargestellt, eventuell hier und da etwas zu humoristisch, mit der Gefahr, den Leser von deinem Text zu entfernen, weil er in erster Linie den Metatext liest.
Beispiel: Han S. ist schön, ein weiterer Hinweis sollte reichen, um einen zu erleuchten, aber dann kommt Luk, die Vaterstory, die Titelmelodie und die verdrehte Satzstellung. Da lese selbst ich als Starwars-Fremde nur noch nach Hinweisen.

Die eine Stelle davon brachte mich sofort raus: die Grammatik des Japanischen im Vergleich mit Mandarin. So weit ich weiß, setzt eben das Chinesische die Worte hintereinander ohne einen festen Platz im Satz, ihre Nähe zueinander oder ihre Verbindung in eins (ob das bei gezeichneten Worten überhaupt ersichtlich ist?) schaffen die Bedeutung. Unbedingt Sinologen fragen! Wie das im Japanischen ist, ahne ich nicht einmal, aber eine Übertragung der Yoda-Sprechweise halte ich für unglaubwürdig. (Ist vielleicht auch nur meine Spezialmacke.)

Als Überlegung: Wenn du oben nur Han S. und ein Detail drin lässt, kannst du vielleicht in der Auflösung (Sack wird wieder aufgerichtet und fertig) noch weiteres einflechten: der Sohn nennt sich aus lauter Frust um in etwas ganz Unasiatisches, Luk statt lux=Licht oder ähnlich, die Töne fangen sich im Ohr von ??? und werden später zu..., aber ansonsten bleibt alles beim Alten.

Sonst las es sich flüssig und laienorientiert genug  :diablo:, ob es jemanden fesselt oder zu weitschweifig ist, weiß ich nicht, ich mag mäandernde Texte.  :versteck:
Der komödiantische Stil ist durchaus nett, mit oben erwähnter Gefahr, aus dem Leser einen drüberschwebenden Geier zu machen, der nur nach Einzelstellen Ausschau hält.

Soweit für jetzt, so long.

eska
  • Ich schreibe gerade: mal wieder kaum. Feinschliff Lethbridge ist dran. Diverses liegt wieder auf Eis.

Uli

  • Gast
Re: Dampf - Prolog
« Antwort #3 am: 13 September 2016, 12:28:03 »
 :dops:
ay Rilyn,

Nee, keine Sorge: Kein Dämpfer. Ganz und gar nicht!

Problem erkannt: Nach langer Zeit mit seeeehr kurzen Formen bin ich beim Versuch, ausführlicher zu werden, offenbar über das Ziel ein klein wenig hinausgeschossen.
Tja.

Der eine Punkt, der mich etwas wurmt: Offenbar geht die (wichtige) Unterscheidung zwischen den beiden Formen der Zeithose unter - was dann zu Folgefehlern führt.
Hmm. Das muss unbedingt etwas klarer werden.
(Die Zeithose, von der ich schreibe, ist Form zwei, die anders entsteht als Form eins - nämlich durch das Zusammenspiel völlig unabhängiger und für sich genommen sinnloser - und folgenloser Ereignisse)

Die Erklärung 'he, das hier ist eine alternative Wirklichkeit' meine ich zu brauchen - ich habe immer ein Problem, wenn dieser Umstand nicht klargemacht wird, und dann mitten in einer Eingangsszene etwas ganz unpassendes aus dem Hut gezogen wird.

OK, das könnte etwas reduziert werden ...

Fußnoten ... jaaa, ich erinnere mich daran. Und ja, ich habe das auch schon erlebt, dass die mir zu viel wurden. Andererseits finde ich sie nützlich, und bin wirklich noch nicht entschieden, ob ich das verwende.

Die Star-Wars-Volte ... hmm. Muss nicht, aber ich mag sowas. Mal sehen ...

Das eigentliche Ereigniss ist genau das Schriftstück, das Watt verfasst - eine Sache, die in der folgenden Handlung so gut wie alles bestimmt, aber eben nicht zu dieser gehört.
deshalb Prolog: Das hier findet lange vor der Handlung statt, legt aber der Grundstein.

Das ist in etwa die Funktion, die ein Prolog m.E. hat und haben sollte.

Also:
Damals ist etwas passiert, was die Wirklichkeiten getrennt hat.
Was das genau war, ist nicht unbedingt wichtig, und schon gar nicht nachvollziehbar oder wiederholbar.
In der einen Wirklichkeit verfasste J.Watt diesen Text.
In dieser Wirklichkeit gibt es ein Konstrukt namens "Vereinigte Königreiche von Europa" und genau dort spiel die Geschichte.

Zudem:
 der Prolog soll ansagen, dass hier von übergeordneter Warte (Kenntnis beider Hosenbeine etc) erzählt wird, und der Leser in die gleiche Lage versetzt wird (weil ihm das eben berichtet wird)
Und die Idee, dass Dinge gaaaanz anders laufen können, wenn in China ein Sack Reis umfällt, ist auch ziemlich wichtig.

Zu lange Sätze, bis ans Verschwurbelte ... ach ja, die alte Krankheit. Gnarf.
Da hilft halt nur Höllenfeuer, als Dauertherapie, fürchte ich ...


Danke schön!
Und  :b2: :hoern: :kaffee2:

Uli

  • Gast
Re: Dampf - Prolog
« Antwort #4 am: 13 September 2016, 13:07:13 »
ay eska,

 :b5: danke schön!

Richtig ist, dass die Ironie, das Zitierende mehr "Uli" als "Genre" ist - ein Grund, warum ich mich immer schwertue, eine Genre-Einteilung vorzunehmen.
Und ja, in der eigentlichen Geschichte wird das deutlich zurückgenommen - die meiste Zeit über, jedenfalls.
(OK ... hier im Prolog muss ich wohl auch noch stutzen und entschärfen,  :flenn: )

Das mit der Yoda-Sprechweise ist (mein letzter Kenntnisstand) allerdings so: Japanische Grammatik er spricht. Kann ich aber nur glauben, meine Fremdsprach - skills tendieren zu Null ...
Wäre aber ein Ansatz: Der Name, und ein Satz in "Yoda" ...

Tja, und die Gefahr, Leser in falsche Verfassung zu versetzen ... ein ewiges Thema, das mir wohl bewusst ist. Und zu dem ich keine Lösung habe. Schade, sonst wäre ich reich, berühmt und schön ...

He, es tut gut, nicht nur Rohtext zu sehen, sondern angegrillten!

 :prost:

Nimmer

  • Gast
Re: Dampf - Prolog
« Antwort #5 am: 15 September 2016, 12:19:39 »
Hallo Uli,

du lässt ja keine Zeit verstreichen. Schön. Genügt dir auch eine lose Sammlung einzelner Eindrücke?

Mir gefallen sowohl die Idee, die Parallelwelt aus einer Reihe bedeutungsloser und unzusammenhängender Ereignisse entstehen zu lassen, als auch der lockere Stil grundsätzlich - ein paar Einzelheiten gefallen mir aber nicht so gut.

Nun, es ist ziemlich unwahrscheinlich, dass so ein Fall eintritt, und deswegen gibt es viel weniger alternierende Wirklichkeiten, als die meisten Leute annehmen - und noch unwahrscheinlicher ist es, dass eine Zeithose aus anderen Gründen entsteht.

Diese andere Art einer Zeithose bedarf einer Kombination mehrerer Ereignisse (mindestens drei und höchstens acht), deren jedes einzelne für sich genommen extrem unwahrscheinlich ist.
Das dritte "unwahrscheinlich" habe ich als zu viel empfunden. Wenn du den Satz etwas umschriebest, könntest du es vielleicht als finale Steigerung der anderen beiden wirken lassen - das fände ich am elegantesten. Ansonsten würde ich es streichen.

Die Fußnoten haben mir nicht gefallen. Mir sagt der selbstbezügliche Meta-Humor nicht zu; das mag anderen aber anders gehen. Ich würde dementsprechend den folgenden Satz:

Zitat
Und nirgendwo bellte ein Hund. (Fussnote, steht unten ...)
ganz streichen. (Ist es nicht sowieso nur ein Federfeuer-Insider, den außerhalb niemand versteht?)

Der infragestehende Bär hatte am Vortag einige Pfund bereits etwas angegorener Beeren zu sich genommen, was zu einer (für Bären) eher harmlosen Verstimmung des Verdauungstraktes geführt hatte, die sich um exakt 12:44:31 (Ortszeit) in einem platschenden Stakkato entlud, wobei der grösste Teil der (für Bären) ungewöhnlich dünnflüssigen Ausscheidungen in einem kleinen und bis dahin kristallklarem Tümpel landeten und dabei ein spezifisches Wellenmuster auf der sich rasch eintrübenden Oberfläche verursachten.

Zitat
Aus dem richtigen Blickwinkel betrachtet (was niemand tat) ergaben die Wellen für Sekundenbruchteile ein exaktes Abbild eines Mandalas in der Eingangshalle eines Verlorenen Tempels im Mexikanischen Hochland, bis abgehende Bärendarmgase das Bild verwischten.
Das große "V" macht mich misstrauisch - soll hier auch auf eine Trope verwiesen werden? Ich würde es klein schreiben - wenn der Leser dann Assoziationen hat, ist das gut, wenn nicht, auch nicht schlimm.

Die gesamte Star Wars Referenz sagt mir ebenfalls nicht zu. Es ist einfach zu abgedroschen und hat in deiner Geschichte ja auch gar keinen Bezugspunkt, der sie nahelegt oder aus ihr ein gewitztes Wortspiel macht, oder dergleichen. Davon abgesehen nimmt sie auch einfach zu viel Raum ein; durch sie wird der Reis-Abschnitt auf fünf Absätze ausgedehnt, wohingegen der Abschnitt mit Watt nur zwei bekommt. Den Watt-Abschnitt finde ich aber interessanter, denn er beinhaltet den ersten richtigen Figurennamen (Han S. habe ich instinktiv als relevante Figur ausgeschlossen). Kurz um: Ich würde die Referenz gänzlich streichen.

Deine Geschichte hat sie auch nicht nötig. Der Witz kommt aus deiner eigenen Idee und dem trockenen, unbekümmerten Erzähler. Die Referenzen und Fußnoten sind Überladung - nach meinem Geschmack. Aber ich meine, es hat auch eine Logik: Wenn sich die Humor-Teile nicht zu einem Ganzen zusammenfügen, dann lenken sie voneinander ab. Und ich habe beim Lesen nicht den Eindruck gewonnen, dass sich der Meta-Humor, die Star Wars Referenz und der Witz deiner eigentlichen Idee vermengen. Ich denke, der Kuchen wird schmackhafter, wenn du die ersten beiden Zutaten wieder herausnimmst.

Das sind meine lose zusammenhängenden Eindrücke gewesen. Ich hoffe, dass sie dir dabei helfen können, ein Gefühl zu bekommen :)


Beste Grüße,
Nimmer

Uli

  • Gast
Re: Dampf - Prolog
« Antwort #6 am: 15 September 2016, 18:53:18 »
ay Nimmer,

Ja, das ist sehr hilfreich, danke schön!

Eine kleine Sache: Der irgendwo bellende Hund ist tatsächlich ein sehr bekanntes Phänomen, es gibt sogar eine Magisterarbeit darüber. Aber das ist an sich nicht wichtig, denn: Der hat sich eingeschlichen, weil ich kurz zuvor eine KG geschrieben habe, in der dieser Satz explizit *fehlt* ...
Und dazu habe ich tagelang recherchiert.
Kann also weg, zumindest die Fußnote.

Das dritte "unwahrscheinlich" ... ja, jetzt, wo du es sagst, ist das beinahe peinlich.  :blush:
Und wohl in der gleichen Linie wir das Zu-sehr-StarWars - ein bisschen was davon möchte ich durchaus, aber ...
Nun, wenn man zu sehr auf die Tube drückt, schmeckt alles nach Senf. Gnarf.

Oh, und das große V ... Verlorener Tempel als Eigenname, ja, aber ohne weitere Absicht. In jungen Jahren hätte ich vielleicht "verlorener Tempel TM geschrieben. Weil es halt kaum andere gibt ...

Gut ist, dass es wohl im Grundsatz funktioniert, wenn auch überwürzt - und ich merke dabei, dass die Spur "Steampunk" für mich wohl ganz gut taugt.

(in der eigentlichen Handlung verändert sich der Stil zudem noch, es wird personaler erzählt und teilweise sogar von einem Watson-Ich-Erzähler.)

 :b2:  :hoern: :b2:
 :kaffee2:
Uli

Offline Quisille

  • Grillmeister
  • *
  • Beiträge: 592
Re: Dampf - Prolog
« Antwort #7 am: 16 September 2016, 10:39:42 »
Hallo Uli!

Aus handwerklicher Sicht möchte ich nicht rösten, denn Dein Text versucht, sich seine eigenen Gesetzmäßigkeiten zu schaffen. Ist mutig. Mut ist gut, wenn's klappt. Aber helfen kann man Dir da nicht, dass muss DEINS sein, sonst isses sinnlos.

Nur ein paar allgemeine Anmerkungen:

1)
und zwar Zeitgleich in der Einsteinschen Raumzeit - was allein schon gar nicht so einfach ist.

Da würde man wohl eher Herrn Minkowski nennen, dem gemeinhin die Idee des relativistischen Raum-Zeit-Kontinuums zugeschrieben wird. Das klänge vielleicht sogar etwas weniger ausgelutscht als olle Einstein.

An dieser Stelle sei es erlaubt, dem geneigten Leser anzuraten, selbst einmal die Kreiszahl Pi zu bestimmen - man tut dies, indem man dem Flächeninhalt eines Kreises durch das Quadrat seines Radius teilt. Erhalten Sie dabei den Wert 3,1415927..., können Sie unbesorgt dieses Werk beiseitelegen und stattdessen zu einer tagesaktuellen Zeitung greifen sowie die jüngere Geschichte der Vereinigten Königreiche Europas und ihrer Kolonien sich vergegenwärtigen.

OK, nach dreimaligem Überlegen verstehe ich, wie das gemeint ist: Du erzählst den einen von der Realität der anderen. Die "anderen" leben im interessanten, weil dem unseren UNGLEICHEN, Hosenbein. Das finde ich aus zwei Gründen unglücklich: Mir sagt dieser Satz, ich hätte die Rolle des Beobachters von außen einzunehmen, und die Ereignisse, von denen ich erfahren werde, wären so uninteressant, dass ein Bewohner des anderen Hosenbeins sie aus der Zeitung oder einem Geschichtsbuch erfahren würde. Mit anderen Worten versprichst Du mir Geschichtsunterricht für Leute, die mich nix angehen.

Insgesamt und allgemein als Feedback: Wie oft kann man über denselben Witz lachen? Wenn Du einen Wert >1 vermutest, würde ich Dir von einer Karriere als Humorist abraten. Humor als Selbstzweck ist zudem immer schwierig, denn sobald klar ist, dass es lustig sein soll, hat man das Publikum GEGEN sich und muss ackern wie ein Pferd, wenn denn doch noch irgendwer schmunzeln soll. Die Alternative wäre, Humor als erzählerisches Werkzeug einzusetzen. In diesem Falle wird er meist als Verpackung eingesetzt, um die Akzeptanz für schwer zu schluckende Exposition zu erhöhen. Das wäre im Falle eines zweiten Hosenbeins durchaus eine verdienstvolle Aufgabe, allerdings sollte auch hier die Grundregel ökonomischen Erzählens gelten: Die Mittel sind dann gut gewählt, wenn ich mit einem Minimum an Aufwand den gewünschten Effekt erziele.

Dein Ziel scheint mir zu sein, das zweite Hosenbein zu etablieren. Dazu reicht ein Gag. Alles weitere sind Schnörkel. Macht Spaß, sowas zu schreiben, mach ich auch. Aber irgendwann muss es raus. Schick die Gags in den Ring und gib jedem eine Axt. Der Überlebende darf bleiben. :attacke:

Liebe Grüße
Quisille
  • Ich schreibe gerade: Schandgreif (Band 1, Überarbeitung)

Uli

  • Gast
Re: Dampf - Prolog
« Antwort #8 am: 16 September 2016, 13:38:55 »
ay Quisille,

das sind *gute* Anmerkungen, danke!

Die Sache mit dem 'anderen' Hosenbein: Ich sage damit primär, dass ich von dem einen erzähle, dass von dem, in dem der Leser lebt halt abweicht - aber eben für die Leute in der Geschichte das ganz normale ist.
Das kommt aus den guten, alten Setzing-Diskussionen, und ist der eigentliche Grund für den Prolog ...
Was den humoristischen Aspekt angeht: Nun ja, wie du es sagst. Macht Spass, das zu schreiben, anschließend muss man feilen. Oder Kettensägen ...

Und: Aus irgendeinem Grund habe ich Steampunk genau so verstanden:
Wenn du gegen ein Gesetz verstoßen willst, dann erlasse erst mal eins ...
Und genau das macht den Reiz aus.

 :prost:

Offline Quisille

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Re: Dampf - Prolog
« Antwort #9 am: 19 September 2016, 09:33:31 »
Die Sache mit dem 'anderen' Hosenbein: Ich sage damit primär, dass ich von dem einen erzähle, dass von dem, in dem der Leser lebt halt abweicht - aber eben für die Leute in der Geschichte das ganz normale ist.

Hatte ich auch so verstanden. Das erschwert die Immersion, denn die Erzählsituation lässt Deine Leser abseits stehen. Muss aber kein Problem sein, z.B. wenn ironische Distanz erwünscht ist.

Wenn du gegen ein Gesetz verstoßen willst, dann erlasse erst mal eins ...

:cheese:
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