Autor Thema: Eine kleine, leise Betrachtung mit dem Titel: Urmel  (Gelesen 6266 mal)

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Offline Tika

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Eine kleine, leise Betrachtung mit dem Titel: Urmel
« am: 01 December 2015, 15:43:08 »
Wie jede Blüte welkt und jede Jugend
dem Alter weicht, blüht jede Lebensstufe,
blüht jede Weisheit auch und jede Tugend
zu ihrer Zeit und darf nicht ewig dauern.

~ Hermann Hesse ~



Urmel


Fest eingewickelt in ihren weichen Wollmantel, saß Marianne auf der Bank unter dem Ahorn, den sie vor beinahe vierzig Jahren an dieser Stelle gepflanzt hatte. Sie hielt ein zerknülltes Taschentuch an ihre Lippen, während sie ihren Blick schweifen ließ.
Vor ihr breitete sich der urwüchsige Garten aus, vereinzelte welke Blätter auf dem feuchten Gras, kahle Sträucher, in Jute verpackte Rosenstöcke; bald würde der Frost das letzte Grün mit Reif überziehen. Ein Hustenanfall schüttelte sie.
Als sie hörte, wie die Terrassentür geöffnet wurde, wandte sie den Kopf und sah, wie die kleine Mia heraustrat.
Ihre Enkelin, kaum sieben Jahre alt, hatte sich eine bunte Wollmütze über die kecken Zöpfe tief über die Stirn gezogen. Ihr leuchtend grüner Herbstmantel hob sich deutlich vor dem roten Backsteingebäude ab. Ihre kleinen Füße steckten in quietschgelben Gummistiefeln. Das Mädchen schloss die Tür, dann drehte es sich um und lief fröhlich lächelnd auf sie zu.
Marianne verbarg das Taschentuch in ihrer Manteltasche, dann breitete sie die Arme aus. Sie herzten sich eine Weile, dann setzte sich Mia neben sie und sah sie aus ihren aufmerksamen Kinderaugen an. „Mama hat gesagt, du bist sehr krank.“
„So, hat sie das?“ fragte Marianne.
Mia kniff die Lippen aufeinander, dann nickte sie. Ihre Stimme glich einem Wispern als sie schließlich fragte: „Wirst du sterben?“
Milde lächelnd nahm Marianne die kleine Hand des Mädchens in die ihre, suchte nach Worten, was sollte sie ihr sagen; wie sollte sie ihr erklären? Schließlich fragte sie: „Habe ich dir eigentlich jemals die Geschichte von Urmel erzählt?“
Mias Zöpfe wippten, als sie den Kopf schüttelte.
„Urmel war eine Katze, die nicht hatte leben sollen und doch älter wurde als alle anderen Katzen, die ich jemals gekannt habe.“
„Warum sollte sie nicht leben?“, fragte Mia.
„Sie wurde auf einem Bauernhof geboren und der Besitzer war ein böser Mensch. Er steckte die kleine Babykatze in einen Sack und wollte sie ertränken, aber deine Urgroßmutter hat ihn dabei erwischt und zog den Sack aus dem Bach.“
„Sie hat die Katze gerettet?“
„Ja, das hat sie.“
„Das ist gut“, sagte Mia und nickte.
„Finde ich auch. Deine Urgroßmutter hat sie mit der Flasche aufgezogen und als sie dann alt genug war, machte sie mir die Katze zum Geschenk. Ich gab ihr den Namen Urmel und sie lebte viele Jahre bei mir. Einmal hat sie sogar kleine Katzenkinder bekommen.“
„Hast du sie alle behalten?“, fragte Mia.
Marianne schüttelte den Kopf. Nein, ich habe sie in nette Familien abgegeben. Eine von ihnen blieb zunächst bei mir, aber als ich merkte, dass sie zu große Angst vor dem Hund hatte, gab ich Chianti auch ab. In ihrer neuen Familien sollte sie es ruhiger haben.“
Mia schwieg eine Weile, dann fragte sie: „Hast du ihre Kinder noch mal wiedergesehen?“
„Ja, in der Tat“, sagte Marianne. „Ich hätte niemals damit gerechnet, doch eines Tages wurde Chianti zu mir zurückgebracht – sie war sehr krank.“
„Oh nein.“
„Urmel war schon beinahe zwanzig Jahre alt. Erstaunlich war, dass sich die beiden Katzen nach all der Zeit beschnuppert und angegurrt haben, ganz so, als hätten sie sich tatsächlich wiedererkannt.“
„Ist Chianti gestorben?“
„Ja, das ist sie. Sie war zu schwach.“
„Urmel war dann bestimmt traurig.“
„Ich denke schon, aber soll ich dir etwas sagen?“
Mia sah sie erwartungsvoll an.
„Ich glaube, Chianti war noch da.“
„Aber sie war doch gestorben.“
„Das ist richtig, aber eines Abends, als ich schon zu Bett gegangen war, kratzte etwas an meine Tür. Ich bin aufgestanden, um Urmel einzulassen, aber als ich die Tür geöffnet hatte, war sie nicht da.“
„Vielleicht hast du dich vertan?“
„Einige Wochen später ist deinem Großvater dasselbe passiert. Auch er hörte dieses Kratzen, aber als er die Tür geöffnet hatte, war der Flur leer. Und als wir wenige Wochen später gemeinsam am Frühstückstisch saßen, hörte es sich plötzlich so an, als würde eine Katze an der Couch kratzen. Der Hund bellte auf und wollte sie verscheuchen, wusste aber nicht wo er hinlaufen sollte, denn da war keine Katze. Wir haben alles abgesucht und nichts gefunden.“
„Das ist gruselig.“
„Findest du?“
Mia nickte.
Marianne drückte die kleine Hand und sagte: „Ich finde nicht, denn ich denke, dass Chianti auf ihre Mutter gewartet hat. Urmel war ja schon sehr alt und wurde von Tag zu Tag schwächer.“
„Und dann ist Urmel auch gestorben“, sagte Mia.
Marianne nickte. „Es ist beinahe vierzig Jahre her und doch denke ich ab und zu an sie. Als Urmel mich verlassen hatte, hörten die Geräusche auf. Ich bin davon überzeugt, dass Chianti ihre Mutter abgeholt hat.“
Sie saßen schweigend beieinander. Marianne ließ die gedankenschwere Stille auf sie beide wirken, dann sagte sie: „Weißt du, Mia, ich glaube, nach dem Leben ist nicht alles zu Ende. Da gibt es noch viel mehr, dass wir nur nicht verstehen.“
Sie zog ihr Taschentuch aus dem Mantel und hielt es sich an die Lippen um einen weiteren Hustenanfall zu dämpfen. Schließlich verbarg sie es in ihrer Faust und lächelte auf ihre Enkelin hinab. Dann ließ sie ihren Blick erneut über den Garten schweifen und sagte: „Neudings ist mir, als sei dein Großvater hier bei uns und manchmal glaube ich ihn zu hören.“
„Wartet er auf dich?“, fragte Mia traurig.
Marianne legte ihr den Arm um die kleinen Schultern, zog sie an sich heran und küsste sie auf die Mütze. Schließlich sagte sie sanft: „Ja, mein Kind.“
« Letzte Änderung: 01 December 2015, 18:20:07 von Tika »
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Wenn ich mich kurz fassen könnte, würde ich keine Romane schreiben.

Rilyn

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Re: Eine kleine, leise KG mit dem Titel: Urmel
« Antwort #1 am: 01 December 2015, 16:50:44 »
Ich mag's. Und ich könnte vielleicht an ein paar Stellen Erbsen zählen, aber dazu muss ich den Kopf frei haben, also vielleicht später. Das ist wirklich Kleinkram. :)

Offline FF

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Re: Eine kleine, leise KG mit dem Titel: Urmel
« Antwort #2 am: 01 December 2015, 16:57:58 »
An sich ok, nur finde ich den Schluss etwas sehr - hm - rührselig.

Zitat
Marianne legte ihr den Arm um die kleinen Schultern, zog sie an sich heran und küsste sie auf die Mütze. Schließlich sagte sie sanft: „Ja, mein Kind.“

Kleine Schultern, ein Kuss auf die Stirn, sanft, mein Kind - das sind vier Gefühlstrigger, die mich an dieser Stelle eher irritieren. Formell müsste hier irgend etwas passieren, ein Twist kommen, eine leichte Drehung, aber das ist nur ein melancholischer Ausklang einer alltäglichen Geschichte. So traurig es auch ist, aber als Kurzgeschichte taugt es offiziell nicht, eher als Betrachtung.


Aber: mein Beileid. :( Zwanzig Jahre ist ein enormes Alter für eine Katze. Schön, dass ihr sie so lange haben durftet.
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Offline Tika

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Re: Eine kleine, leise KG mit dem Titel: Urmel
« Antwort #3 am: 01 December 2015, 18:18:17 »
Danke, FF.

Ich weiß, dass es keine klassische Kurzgeschichte ist. Den Anspruch erhebe ich nicht.
Gerne nenne ich sie so - Eine Betrachtung - klingt nett.
Ich hatte das Bedürfnis Urmel zu verewigen. Ich habe die Geschichte so gut geschrieben, wie ich kann und wünsche mir von euch die Erbsen und Hinweise, um sie zu vollenden.
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Offline FF

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Re: Eine kleine, leise Betrachtung mit dem Titel: Urmel
« Antwort #4 am: 01 December 2015, 18:37:59 »
:umarm:
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Rilyn

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Re: Eine kleine, leise Betrachtung mit dem Titel: Urmel
« Antwort #5 am: 01 December 2015, 18:46:54 »
Oh verdammt, ich bin so ein Trampel. Entschuldige ... ich hab's tatsächlich nicht kapiert.
Und lass dich knuffeln. :umarm:


Zitat
Fest eingewickelt in ihren weichen Wollmantel, saß Marianne auf der Bank unter dem Ahorn,
Ich glaube, das Komma hier kann raus.

Zitat
Sie herzten sich eine Weile,
Das ist so undifferenziert. Ist es überhaupt nötig?

Zitat
wie sollte sie ihr erklären?
Da fehlt ein s

Zitat
Deine Urgroßmutter hat sie mit der Flasche aufgezogen und als sie dann alt genug war,
Hier würde ich nach "aufgezogen" ein Komma rein packen, denn dieses "und" kann kein anderes Satzzeichen ersetzen.

Zitat
Marianne schüttelte den Kopf. Nein, ich habe sie in nette Familien abgegeben
Am Anfang der wörtlichen Rede fehlt das Anführungszeichen

Zitat
beschnuppert und angegurrt haben
Gurren kenne ich eher von Tauben; geschnurrt? Aber ein wirklicher Stolperstein ist es nicht.

Zitat
„Ich denke schon, aber soll ich dir etwas sagen?“
Mia sah sie erwartungsvoll an.
„Ich glaube, Chianti war noch da.“
Aber sie war doch gestorben.“
„Das ist richtig, aber eines Abends, als ich schon zu Bett gegangen war, kratzte etwas an meine Tür. Ich bin aufgestanden, um Urmel einzulassen, aber als ich die Tür geöffnet hatte, war sie nicht da.“
Das sind ein paar aber zuviel. :)
Und zwei Mal sehr ähnliche Ausdrucksweise.

Zitat
Der Hund bellte auf und wollte sie verscheuchen,
Passt das in wörtliche Rede? :wiejetzt:

Zitat
Marianne nickte. „Es ist beinahe vierzig Jahre her und doch denke ich ab und zu an sie.
Auch hier ein Komma davor.

Zitat
Sie zog ihr Taschentuch aus dem Mantel und hielt es sich an die Lippen um einen weiteren Hustenanfall zu dämpfen.
Und eins vors "um".

Zitat
und lächelte auf ihre Enkelin hinab. Dann ließ sie ihren Blick erneut über den Garten schweifen
Hier fehlt was; und wenn es nur ist, wie sie Mia sieht (nicht mehr vergruselt? <- ich tu einfach mal so, als gäbe es dieses Wort.)

Zitat
„Neudings
Neuerdings

Genug Erbsen. :)

Alles Liebe,
Ril

Offline Tika

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Re: Eine kleine, leise Betrachtung mit dem Titel: Urmel
« Antwort #6 am: 01 December 2015, 19:10:42 »
 :umarm:

Vielen Dank, Ril. Und nein, mach dir keine Gedanken, alles gut.

Ich danke dir für die Erbsen, süße.
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Offline sternsucher

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Re: Eine kleine, leise Betrachtung mit dem Titel: Urmel
« Antwort #7 am: 01 December 2015, 20:45:25 »
Hallo Tika,

feine Geschichte. Da gibt es auch (kaum) etwas zu meckern. Aufgefallen ist mir:

Zitat
Fest eingewickelt in ihren weichen Wollmantel, saß Marianne auf der Bank unter dem Ahorn, den sie vor beinahe vierzig Jahren an dieser Stelle gepflanzt hatte. Sie hielt ein zerknülltes Taschentuch an ihre Lippen, während sie ihren Blick schweifen ließ.
Vor ihr breitete sich der urwüchsige Garten aus,
Hier sind einige »ihr,s« zu viel.


Zitat
Ihre Enkelin, kaum sieben Jahre alt, hatte sich eine bunte Wollmütze über die kecken Zöpfe tief über die Stirn gezogen.
Hört sich seltsam an, aber vielleicht nur wegen der Wiederholung von »über«.


Zitat
Ihr leuchtend grüner Herbstmantel hob sich deutlich vor dem roten Backsteingebäude ab. Ihre kleinen Füße steckten in quietschgelben Gummistiefeln. Das Mädchen schloss die Tür, dann drehte es sich um und lief fröhlich lächelnd auf sie zu.
Marianne verbarg das Taschentuch in ihrer Manteltasche, dann breitete sie die Arme aus. Sie herzten sich eine Weile, dann setzte sich Mia neben sie und sah sie aus ihren aufmerksamen Kinderaugen an. „Mama hat gesagt, du bist sehr krank.“
Hier fällt mir die Wiederholung von »sich« auf.
Statt «herzten«, würde mir schmusen, oder Ähnliches besser gefallen. Ist natürlich Stil oder Ansichtssache.  :-*


Zitat
„So, hat sie das?“ fragte Marianne.
Fehlendes Komma nach wörtlicher Rede?


Zitat
Mia kniff die Lippen aufeinander, dann nickte sie. Ihre Stimme glich einem Wispern als sie schließlich fragte: „Wirst du sterben?“
Komma nach Wispern?


Zitat
In ihrer neuen Familien sollte sie es ruhiger haben.“
In ihrer neuen Familie …

Zitat
… dann ließ sie ihren Blick erneut über den Garten schweifen und sagte: „Neudings ist mir, als sei dein Großvater hier bei uns und manchmal glaube ich ihn zu hören.“
Heißt es nicht »neuerdings«?


Wie gesagt, nur Kleinkram. Es sind noch einige andere Wiederholungen vorhanden, die du eventuell ändern könntest.
Mir gefällt die Geschichte gut. Auch wenn es nicht mit einem Knaller, von wegen KG, endet, sondern eher sanft. Ist aber passend zur Story.
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Offline Tika

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Re: Eine kleine, leise Betrachtung mit dem Titel: Urmel
« Antwort #8 am: 01 December 2015, 21:19:55 »
Vielen Dank Sternsucher, da hast du ja auch noch was gefunden. Sehr fein. Danke dir.
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Offline eska

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Re: Eine kleine, leise Betrachtung mit dem Titel: Urmel
« Antwort #9 am: 02 December 2015, 00:17:50 »
Liebe Tika;

vielleicht ist es noch zu früh, das hier umzusetzen, wenn der Verlust frisch ist. Aber du kannst es ja archivieren und vorholen:

1. Ich habe bisher acht Katzen meine eigenen genannt und geliebt, und alle waren bzw. sind unterschiedliche, ja, Persönlichkeiten. Wenn du Urmel ein Denkmal setzen willst, zeig sie mir, bzw. lass Marianne Mia von ihr erzählen! Wie sah sie aus, wie war sie, was hat Marianne Schönes oder Lustiges mit ihr erlebt? Ist sie mit ihr groß geworden? Der Name und das Geschenk der Mutter lassen darauf schließen. Das ist eine besondere Bindung von Kind zu Haustier; war Urmel Mariannes Vertraute, Trösterin, Gegengewicht zu Eltern, die etwas verlangen (Katzen geben Wärme und Liebe ohne Bedingungen) oder welche Funktion hatte sie noch? Hat sie ihr vielleicht auch gezeigt, wie man würdig stirbt, oder friedlich oder zufrieden?

2. Da es ums Sterben geht: Mia traut sich zu fragen. Marianne gibt keine klare Antwort, aber eher nicht deshalb, weil sie es Mia nicht zutraut, sondern weil sie selbst noch nicht so weit ist, oder? Kannst du dann ihre innere Suche nach einem Warum? oder ihre Trauer übers Abschiednehmenmüssen etwas stärker herausarbeiten? Vielleicht andeutungsweise, bevor Mia in den Garten kommt. Und während des Gesprächs findet sie etwas Ruhe, beim Gedanken an Urmel und Chianti, die in irgendeiner Form noch weiterleben, bei der Hoffnung, ihrem verstorbenen Mann wieder nahe zu sein, vielleicht bei der Betrachtung der Pflanzen. Ich lese diese Entwicklung aus deiner Betrachtung heraus, aber sie sollte noch deutlicher werden.
Also: Marianne am Anfang ist so und so- die Erinnerung an Urmel verändert etwas, oder das Fassen in einfache Worte für ihre Enkelin - Marianne am Ende ist etwas gelassener / getröstet /gefasst?

3. Es spielt auch eine Rolle, wie alt und lebenssatt Marianne eigentlich ist (eher nicht so, würde ich sagen), und warum und wie bald sie sterben muß (und wie schmerzhaft, wie eingeschränkt ...). Da fehlt mir noch ein bisschen was als Leserin. Mehr Text, mehr Infos, mehr Kampf. Trost kommt erst Mias wegen.

4. Mia ist sehr ruhig für eine Siebenjährige, schließt die Tür, statt sie zuzuwerfen, fragt ihre Oma gleich als erstes, aber erst nach dem Knuddeln, also nicht aus der Aufregung heraus, nach dem, was Mama gesagt hat (Wieso hat die das eigentlich gesagt? Hat Mia etwas mitangehört?); sie hört ruhig zu, antwortet 'erwachsen', zappelt nicht, stellt nicht das quirlige Leben dar gegenüber dem stillen Tod.
Wenn sie eben so ist, immer so ist, könnte Marianne das denken ("Was für ein besonderes Kind, wie gerne würde ich erleben, was aus ihr wird..."), wenn nicht, wenn es die Situation ist, die sie einschüchtert oder so ernst macht, dann sollte Marianne das auch bemerken ("Selbst das Kind fühlt, dass etwas nicht in Ordnung ist mit mir, sie ist so still, als wollte sie mich schonen" oder so).


So, das ist alles, was mir zu deiner Betrachtung heute einfällt. Vielleicht hilft es. Minuit an meiner linken Seite sendet dir ein Schnurren zur guten Nacht!

Lieben Gruß

eska

  • Ich schreibe gerade: mal wieder kaum. Feinschliff Lethbridge ist dran. Diverses liegt wieder auf Eis.

Offline Tika

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Re: Eine kleine, leise Betrachtung mit dem Titel: Urmel
« Antwort #10 am: 02 December 2015, 09:47:09 »
Hallo eska - da sind einige gute Anmerkungen zur Verfeinerung dabei. Ich danke dir.
  • Ich schreibe gerade: Nix - weil ich mich noch nicht entscheiden kann...
Wenn ich mich kurz fassen könnte, würde ich keine Romane schreiben.

Gnadenrose

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Re: Eine kleine, leise Betrachtung mit dem Titel: Urmel
« Antwort #11 am: 03 May 2017, 18:40:09 »
Hallöchen!
Mir gefällt dieses "eine Weile" auch nicht so recht (hab noch nicht geschnallt, wie man Zitate einfügt). Mir ist als erstes in den Sinn gekommen, dass sie vielleicht die Umarmung auch als zu kurz erachten könnte, weil sie ja nicht mehr so viel Zeit hat.
Scheue dich nicht davor, während des Dialogs noch ein Bisschen Handlung oder Beschreibung einzubauen, das zieht den Leser noch mehr in die Szene und vor allem die Situation, selbst wenn es nur ein Händeverschränken oder Beinüberschlagen ist. Und er beschränkt sich dann nicht nur auf wörtliche Rede.
Mir gefällt aber das Thema und wie es aufgebaut ist. Diese Aussage dahinter und wie Marianne es Mia erzählt, ist sehr bewegend...