So. Jetzt hab ich's mir doch ausgeliehen.

Und bin, abgesehen von der netten Überfallszene in Kapitel 2, eher enttäuscht. Immersion kommt für mich gar nicht auf, Spannung kaum, Atmosphäre schon, aber absolut nichts außergewöhnliches. Im Buchladen wäre ich nicht mal bis Kapitel 2 gekommen.
Kvothe ist ein schlecht getarnter Besserwisser, der mir bisher wie ein hübsch verpackter statt ganz offensichtlicher Überdrüberheld vorkommt. Er und sogar sein Helferlein wissen ständig mehr als ich als Leser, statt mich irgendetwas miterleben zu lassen. Sie tun und wissen Dinge, aber allzu oft ohne einen für mich nachvollziehbaren Grund. Ich hoffe mal, sie kommen endlich in die Gänge, statt sich noch weiter in Andeutungen zu ergehen; denn momentan - Anfang Kapitel 4 - interessiert es mich überhaupt nicht mehr, was hinter dem schlecht getarnten Rotschopf steckt, ob er von Dämonenspinnen gefressen wird und was dem Chronicler auf seiner nächsten Etappe zustößt. Denn auch, wenn mir die Überfallszene gefiel, enthält sie so gut wie keinen Konflikt, der über diesen Überfall hinaus geht ... nur noch mehr Andeutungen.

Plakativ finde ich Kvothe bisher nicht, was aber nur daran liegt, dass die Kaschierung des geheimnisvollen Helden nicht so stereotyp ist wie in den meisten Fantasyromanen über plakative Helden. Ob etwas dahinter steckt, ahne ich bisher nicht mal, denn er wird nur präsentiert. Soll ich ihn toll finden? Und geheimnisvollinteressantundsoweiter? Sorry, klappt nicht, denn mein Eindruck ist genau diese Aufforderung, ihn so zu finden, ohne, dass er haarklein so beschrieben wird. Ich habe nichts gegen geheimnisvolle Helden, wenn sie als Charaktere und nicht mit Wortgewandtheit kaschiertes Klischee daherkommen. Kvothe tut das bisher, der Chronicler nicht.
Das Dorf ist Hintergrund, die Dörfler ein bisschen dusselig ... zumindest kommt es mir so vor, denn der Priester und der Typ, dessen Pferd gekillt wurde, sollten eine gewisse Glaubhaftigkeit mitbringen. Piepegal, ob es ein Dämon war, das Pferd ist tot und der Typ verletzt, es kommen kaum Händler, Steuern werden erhoben ... und die Dorfbewohner tun Dorfbewohnerdinge. Atmosphäre? Welt? Wenig, und kein bleibender Eindruck. Ich weiß nicht einmal, ob das Dorf zehn Hütten oder zwei Dutzend Höfe umfasst; wobei mir die Fakten egal sind.
Die Sprache (Englisch) ist schön, aber nicht allzu flüssig zu lesen, mit einigen netten Wendungen. Für meinen Geschmack ist der Text aber überladen mit Halbweisheiten und Wendungen, die intelligent und durchdacht klingen (zum Teil tun sie es, zum größeren Teil sind es Platitüden) und dabei nichts zum Text beitragen, sondern ihn in ihrer Menge zu einer Ansammlung pseudophilosophischen Geschwurbels machen. Das ist für mich das größte Manko; ich will eine Geschichte lesen und nicht den Eindruck bekommen, der Autor wolle mir auch stilistisch nochmal aufdrücken, wie geheimnisvoll und weise der schelchtverkleidete Kneipier doch ist.

Vielleicht bin ich zu sehr auf szenische Texte fixiert, um dieses Buch gut finden zu können. Andererseits mag ich auch die wenig szenischen Geschichten von LeGuin, die für mich obige Eindrücke nicht mitbringen, sondern Geschichten sind und es schaffen, Spannung aufzubauen. Was Immersion angeht, erwarte ich von keinem Autor, dass er an LeGuin herankommt (was nicht bedeutet, dass es nicht solche gibt, die es noch besser hinkriegen). Und nach dem Lesen von Robin Hobbs
Die Schamanenbrücke habe ich scheints hohe Ansprüche an Immersion.
Aber ich bin ja auch erst im vierten Kapitel.
